Staatsanwalt ermittelt gegen mögliche Superspreaderin von Garmisch

Mit Erkältungssymptom auf Kneipentour durch Garmisch-Partenkirchen:
Der Fall einer corona-infizierten Frau hat die Justiz auf den Plan
gerufen. Ministerpräsident Söder fordert Konsequenzen.

Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Nach einem schweren Corona-Ausbruch in
Garmisch-Partenkirchen ermittelt die Staatsanwaltschaft München II
gegen eine Frau, die trotz Quarantäne unterwegs war und mutmaßlich
zur «Superspreaderin» wurde. Dabei gehe es um den Verdacht der
fahrlässigen Körperverletzung, teilte Oberstaatsanwältin Andrea Mayer

am Montag mit. «Was im Raum steht, ist eine mögliche Verletzung der
Quarantänevorschriften.» Zuerst hatte der «Münchner Merkur»
berichtet.

Die 26-jährige US-Amerikanerin, die in Garmisch-Partenkirchen lebt,
soll trotz Krankheitszeichen durch Kneipen gezogen sein und könnte
dabei mehrere Menschen angesteckt haben. Ministerpräsident Markus
Söder (CSU) forderte Konsequenzen für sie. «Garmisch-Partenkirchen
ist ein Musterfall für Unvernunft», sagte Söder in München. Der Fal
l
sei Beispiel dafür, wie schnell sich Infektionen verbreiten könnten.
«Dieser Leichtsinn muss auch Konsequenzen haben.» Es sei deshalb
sinnvoll, mit «hohen Bußgeldern» zu agieren.

Die 26-Jährige hatte nach Angaben des Landratsamts auf der
Kneipentour bereits Krankheitssymptome. Sie hatte einen Corona-Test
gemacht und eigentlich die Auflage, bis zum Ergebnis in Quarantäne zu
bleiben. In Bayern kann bei Verstößen gegen Quarantäne-Auflagen ein
Bußgeld von 2000 Euro verhängt werden. Söder erklärte jedoch, dass

geprüft werden müsse, inwiefern dies auch für die US-Amerikanerin
gelte.

Die Anklagebehörde geht bei ihren Ermittlungen zunächst davon aus,
dass die deutsche Justiz zuständig ist. «Es ist, soweit ich das im
Moment sehe, auch seitens der amerikanischen Behörden unstrittig,
dass die deutsche Justiz zuständig ist», sagte Innenminister Joachim
Herrmann (CSU) dem Bayerischen Rundfunk.

Seit Freitag hatten sich bis Montag etwa 1000 Menschen in
Garmisch-Partenkirchen auf das Virus testen lassen, die Ergebnisse
werden für Dienstag erwartet. Die Frau arbeitete in einem Hotel für
US-Soldaten und deren Familien. Die Ferienunterkunft wurde am Montag
für zwei Wochen geschlossen, nachdem mehrere Beschäftigte positiv
getestet wurden, wie das Hotel auf seiner Homepage mitteilte.

Dem Landratsamt zufolge wurden in dem Hotel 24 Menschen positiv
getestet. Unklar ist jedoch, ob die Frau sie angesteckt hat - oder ob
jemand anders der erste Fall war. Die 26-Jährige war nach Angaben der
Behörde aus einem Urlaub in Griechenland zurückgekehrt. Ob sie sich
auf der Reise angesteckt hat oder in Garmisch, war ebenfalls unklar.
Als Superspreader (deutsch: Superverbreiter) gilt bei einer Epidemie,
wer eine ungewöhnlich hohe Zahl von anderen Menschen ansteckt.

In den vergangenen sieben Tagen gab es nach Angaben der Behörden im
Landkreis Garmisch-Partenkirchen 49 neue Corona-Fälle. Die
Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner lag bei 55,39 und damit
über dem kritischen Wert von 50. Bei diesem Wert müssen nach
Vereinbarung von Bund und Ländern Maßnahmen umgesetzt werden. Dem
Landratsamt zufolge gibt es im Landkreis derzeit 56 Infizierte.
Eingeschlossen seien auch Menschen, die nicht im Landkreis wohnen,
sich derzeit aber dort aufhalten.

Bereits am Freitag hatte das Landratsamt für die rund 26 000
Einwohner zählenden Marktgemeinde Beschränkungen für das öffentlich
e
Leben verhängt. Alle Gaststätten müssen um 22 Uhr schließen. Nur no
ch
maximal fünf Personen dürfen sich im öffentlichen Raum gemeinsam
treffen - das gilt auch für alle Gastronomiebetriebe. «Wir versuchen
das Nachtleben einzudämmen, die normale Gastronomie aber nicht zu
blockieren», sagte ein Sprecher. Für Privatveranstaltungen wird die
Teilnehmerzahl auf höchstens 50 Personen in geschlossenen Räumen oder
100 Personen unter freiem Himmel beschränkt.