Corona-Ausbruch in Garmisch: Eine Superspreaderin auf Kneipentour Von Britta Schultejans, dpa

Eine junge Frau soll zahlreiche Menschen mit dem Coronavirus
angesteckt haben. Dabei hätte sie wohl nur ein wenig Geduld zeigen
müssen. Der Fall erzürnt auch den bayerischen Innenminister.

Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Nach einem heftigen Corona-Ausbruch in
Garmisch-Partenkirchen fordert Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
(CSU) Konsequenzen für die mutmaßliche Verursacherin. «Sollte sich
bestätigen, dass die Frau bewusst trotz eindeutiger Corona-Symptome
die Quarantäne ignoriert hat, muss sie mit einem empfindlichen
Bußgeld rechnen», sagte Herrmann dem «Münchner Merkur» (Montag).

«Gegen so eine Rücksichtslosigkeit sollte ein klares Signal und ein
mahnendes Beispiel gesetzt werden, dass jeder mit empfindlichen
Sanktionen rechnen muss, der in dieser besonderen Situation der
Pandemie gegen die Regeln verstößt und andere vorsätzlich in Gefahr
bringt.»

Das zuständige Landratsamt geht davon aus, dass der Ausbruch auf eine
sogenannte Superspreaderin zurückzuführen ist. Die 26-Jährige soll
durch verschiedene Kneipen in der Marktgemeinde am Fuße der Zugspitze
gezogen sein und dabei mehrere Menschen angesteckt haben. Nach
Angaben der Behörde hat sie auf der Kneipentour schon Symptome gehabt
und auf die Ergebnisse ihres Corona-Tests gewartet. In Bayern kann
bei Verstößen gegen Quarantäne-Auflagen ein Bußgeld von 2000 Euro
verhängt werden.

«Die Dame hat Symptome gehabt, war bei uns bei der Teststation und
wurde aufgrund der Symptome aufgefordert, in Quarantäne zu bleiben.
Das hat sie aber nicht getan», sagte der Sprecher des Landratsamts,
Stephan Scharf. Die 26-Jährige sei kurz zuvor aus einem Urlaub in
Griechenland zurückgekehrt. Ob sie sich auf der Reise angesteckt hat
oder danach in Garmisch-Partenkirchen, das sei aber unklar. «Wo sie
sich angesteckt hat, wissen wir nicht».

«Fälle, in denen die Leute das Testergebnis nicht abwarten, gibt es
ja öfter», sagte Scharf. «Und die Nationalität ist ja im Grunde auc
h
wurscht. Aber wir wollten, dass möglichst viele Menschen sich melden,
die sich daran erinnern, in den letzten Tagen in einer Kneipe Kontakt
zu der Frau gehabt zu haben.» Um die Identifikation für mögliche
Kontaktpersonen einfacher zu machen, veröffentlichte die Behörde
darum, dass es sich bei der Frau um eine US-Amerikanerin handelt, die
in Garmisch-Partenkirchen lebt und arbeitet.

Weil sich bislang nicht alle Kontaktpersonen nachverfolgen ließen,
fordert die Gesundheitsbehörde diejenigen, die an oder vor diesem
Abend in örtlichen Bars unterwegs waren, auf, sich bei der Hotline
des Gesundheitsamtes (08821/ 751-500) zu melden und sich testen zu
lassen. Der Aufruf richtet sich vor allem an junge Leute zwischen 18
und 35 Jahren, die sich angesteckt haben könnten, sind aufgerufen,
sich testen zu lassen.

In einem Hotel, in dem die Frau arbeitet, wurden nach Angaben Scharfs
bislang 24 Menschen positiv getestet. Insgesamt belief sich die Zahl
der Neuinfektionen bis Samstag auf 37. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag
bei 54 und damit über der kritischen Marke von 50 Neuinfektionen je
100 000 Einwohner in sieben Tagen. «Die müssen sich natürlich nicht
alle bei ihr angesteckt haben», betonte Scharf. 453 Positiv-Fälle
seien seit Beginn der Corona-Krise im Landkreis nachgewiesen worden.

«Aus medizinischer Sicht ist mit einem weiteren deutlichen Anstieg
der Infektionen im Landkreis zu rechnen», teilte das Landratsamt mit
und verhängt in der rund 26 000 Einwohner zählenden Marktgemeinde am
Freitag Beschränkungen für das öffentliche Leben. «Wir wollen das
Nachtleben, das der Auslöser war, runterfahren.»

Alle Gaststätten müssen dort um 22 Uhr schließen. Nur noch maximal
fünf Personen dürfen sich im öffentlichen Raum gemeinsam treffen -
das gilt auch für alle Gastronomiebetriebe. Für Privatveranstaltungen
wird die Teilnehmerzahl auf höchstens 50 Personen in geschlossenen
Räumen oder bis zu 100 Personen unter freiem Himmel beschränkt.

Wegen der hohen Infektionszahlen wurden auch zwei für das Wochenende
geplante Demonstrationen abgesagt: die Veranstaltung «Ausbremst is»
und eine Kundgebung von Landwirten aus Protest gegen die Ausbreitung
von Wölfen in Bayern.

Auf Twitter regte sich Unmut über das vom Landratsamt beschriebene
Verhalten der Frau. «Der Blick nach Garmisch zeigt aktuell ein
Beispiel dafür, dass man den gesunden Menschenverstand und die
Bereitschaft des Einzelnen nicht voraussetzen kann. So schade»,
schrieb dort jemand. Es ist einer der höflicheren Posts.