EDV-Panne: Hoffnung auf Corona-Besserung auf Mallorca jäh beendet Von Emilio Rappold und Jan Ronneburger, dpa

Die Hoffnung hielt nur kurz. Zahlen, die auf Mallorca Aussicht auf
eine Rückkehr der Touristen aus Deutschland und Großbritannien
geweckt hatten, erwiesen sich als falsch. Am Ballermann bleibt es
still und leer. Die Hoffnung der Mallorquiner ruht nun auf Madrid.

Palma (dpa) - Böses Erwachen für jene Deutsche, die vielleicht schon
von Herbstferien auf Mallorca geträumt hatten. Und ein harter
Rückschlag für die spanische Urlaubsinsel im Kampf gegen Corona und
ums Überleben von Tourismus und Gastronomie: Am Wochenende kam eine
Informatik-Panne ans Licht, wegen der seit Tagen für die Balearen
sehr niedrige Infektionszahlen gemeldet worden waren. Diese hatten
die Hoffnung geweckt, Deutschland werde bald die Reisewarnung für die
Region aufheben. Man hoffte auch auf eine Ende der britischen
Restriktionen. Von wegen: Ein Bericht in der Onlineausgabe der
«Mallorca Zeitung» ließ alle Träume und Hoffnungen jäh platzen.

Unter Berufung auf Eugenia Carandell, Direktorin im balearischen
Gesundheitsministerium, berichtete das Wochenblatt, die Region habe
zuletzt in Wirklichkeit 120 bis 170 Neuinfektionen je 100 000
Einwohner binnen sieben Tagen verzeichnet. Und nicht zwischen 30 und
45, wie die ganze Woche lang wegen eines «Informatikfehlers bei der
Datenübertragung» in Madrid irrtümlich gemeldet worden sei. Die
Grenze von 50 ist ein entscheidendes Kriterium für die
Bundesregierung in Berlin, eine Region oder ein Land als Risikogebiet
einzustufen oder die Einschätzung auch wieder aufzuheben.

Nach den jüngsten Informationen stehen die Balearen nicht nur
schlecht da, sondern deutlich schlechter als andere spanische
Urlaubs-Regionen, die zuletzt erfolgreicher im Kampf gegen das Virus
waren und sich der Grenze nähern, die ein Verlassen der «schwarzen
Liste» in Aussicht stellt. Wie Andalusien und Valencia, die zwischen
55 und 60 Ansteckungen je 100 000 Einwohner haben - sofern die von
den Behörden gemeldeten Zahlen in diesen Fällen stimmen. Für ganz
Spanien wurde zuletzt ein Wert von 113 angegeben.

Nirgendwo in Spanien sind die Menschen so sehr vom Tourismus abhängig
wie auf den Balearen und den Kanaren, wo die sogenannte
7-Tage-Inzidenz bei 80 bis 90 liegt. In beiden Regionen trägt die
Branche zu rund 35 Prozent der Wirtschaftsleistung bei.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur gab die Regionalregierung
der Balearen zunächst keine Stellungnahme ab. Der naheliegende
Verdacht, die Politiker, die in Palma das Sagen haben, könnten Daten
beschönigt haben, um zumindest ein Stück der Saison zu retten,
entbehrt aber wohl jeder Grundlage. Regionalpräsidentin Francina
Armengol versucht nie, die Lage schönzureden. Im Gegenteil: Die
Regierung der Sozialistin zögert nicht, strenge Maßnahmen gegen
Corona auch dann zu ergreifen, wenn sie der Tourismusbranche schaden.
Seit Freitag ist sogar ein ganzes Viertel Palmas, Son Gotleu, wegen
der vielen Infektionen abgeriegelt. Und am Samstag traten wieder neue
Einschränkungen in Kraft. Volksfeste wurden untersagt,
Kinderspielplätze wurden geschlossen.

In einem Leitartikel kritisierte MZ-Chefredakteur Ciro Krauthausen
die Haltung vieler Insel-Deutscher und anderer Menschen, die die
Einschränkungen kritisieren, weil sie meinten, es sei «halb so wild».

Am Samstag gingen erneut rund 500 Menschen auf die Straßen. Sie
trugen Plakate mit Aufschriften wie «Stop Einschränkungen und Fake
News». Krauthausen: «Noch einmal: Die Lage ist ernst, übrigens auch
abseits der sozialen Brennpunkte auf der Insel. Wir wünschten, es
wäre nicht so. Aber es ist so. Alles andere ist Augenwischerei.»

In der Tat: Schon wenige Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Zur
Zeit werden in den Inselkrankenhäusern 275 Menschen mit Covid-19
behandelt - doppelt so viele wie vor drei Wochen. Jordi Reina,
Chefvirologe im Krankenhaus Son Espases in Palma, sagte im Gespräch
mit der Zeitung «Diario de Mallorca», die Lage sei «sehr
besorgniserregend». Der Höhepunkt der 2. Welle sei schon erreicht.
Nun gehe es darum, die «Kurve wieder nach unten zu drücken».

Die Hoffnung der Mallorquiner - und der Mallorca-Fans in Deutschland
- ruht nun auf Madrid: Außenministerin Arancha González Laya verriet
nämlich dieser Tage, man habe mit Deutschland, Großbritannien und
skandinavischen Ländern Gespräche über die Errichtung von sogenannten

Sicherheitskorridoren zu den Inseln im Mittelmeer und im Atlantik
aufgenommen. Sie sei optimistisch. Man müsse ja «lernen, mit dem
Virus zusammenzuleben».