Corona-Ausbruch in Garmisch: Eine Superspreaderin auf Kneipentour Von Britta Schultejans, dpa

Eine junge Frau hat möglicherweise ziemlich im Alleingang das
Nachtleben im oberbayerischen Garmisch-Partenkichen lahmgelegt. Sie
soll zahlreiche Menschen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Dabei
hätte sie womöglich nur ein wenig Geduld gebraucht.

Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Der heftige Corona-Ausbruch im
oberbayerischen Garmisch-Partenkirchen geht nach Behördenangaben wohl
zu einem großen Teil auf das Konto einer feierfreudigen jungen Frau.
Davon ist zumindest das zuständige Landratsamt überzeugt. Die
26-Jährige soll an verschiedenen Tagen durch mehrere Kneipen in der
Marktgemeinde am Fuße der Zugspitze gezogen sein und dabei zahlreiche
Menschen angesteckt haben. Eine Superspreaderin. Nach Angaben der
Behörde soll sie auf ihrer Kneipentour schon Symptome gehabt und auf
die Ergebnisse ihres Corona-Tests gewartet haben.

«Die Dame hat Symptome gehabt, war bei uns bei der Teststation und
wurde aufgrund der Symptome aufgefordert, in Quarantäne zu bleiben.
Das hat sie aber nicht getan», sagt der Sprecher des Landratsamtes,
Stephan Scharf, am Samstag. Die 26-Jährige sei kurz zuvor aus einem
Urlaub in Griechenland zurückgekehrt. Ob sie sich auf der Reise
angesteckt hat oder danach in Garmisch-Partenkirchen, das sei aber
unklar. «Wo sie sich angesteckt hat, wissen wir nicht», sagt Scharf.
Seine vorherigen Angaben, wonach es sich um eine aus den USA
eingereiste Touristin handle, korrigierte er. Es habe ein
«Übermittlungsproblem» innerhalb der Behörde gegeben. Die Frau sei

zwar US-Amerikanerin, wohne aber in der Gemeinde und sei keine
Urlauberin.

«Fälle, in denen die Leute das Testergebnis nicht abwarten, gibt es
ja öfter», sagt Scharf. «Und die Nationalität ist ja im Grunde auch

wurscht. Aber wir wollten, dass möglichst viele Menschen sich melden,
die sich daran erinnern, in den letzten Tagen in einer Kneipe Kontakt
zu der Frau gehabt zu haben.»

Weil sich bislang nicht alle Kontaktpersonen nachverfolgen ließen,
fordert die Gesundheitsbehörde diejenigen, die an oder vor diesem
Abend in örtlichen Bars unterwegs waren, auf, sich bei der Hotline
des Gesundheitsamtes (08821/ 751-500) zu melden und sich testen zu
lassen. Der Aufruf richtet sich vor allem an junge Leute zwischen 18
und 35 Jahren, die sich angesteckt haben könnten, sind aufgerufen,
sich testen zu lassen.

In einer Unterkunft, in der die Frau arbeitet, wurden nach Angaben
Scharfs bislang 24 Menschen positiv getestet. Insgesamt belief sich
die Zahl der Neuinfektionen bis Samstag auf 37. Die
Sieben-Tage-Inzidenz lag bei 54 und damit über der kritischen Marke
von 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in sieben Tagen. «Die
müssen sich natürlich nicht alle bei ihr angesteckt haben», betont
Scharf. 453 Positiv-Fälle seien seit Beginn der Corona-Krise im
Landkreis nachgewiesen worden.

«Aus medizinischer Sicht ist mit einem weiteren deutlichen Anstieg
der Infektionen im Landkreis zu rechnen», teilt das Landratsamt mit
und verhängt in der rund 26 000 Einwohner zählenden Marktgemeinde am
Freitag Beschränkungen für das öffentliche Leben. «Wir wollen das
Nachtleben, das der Auslöser war, runterfahren.»

Alle Gaststätten müssen dort um 22 Uhr schließen. Nur noch maximal
fünf Personen dürfen sich im öffentlichen Raum gemeinsam treffen -
das gilt auch für alle Gastronomiebetriebe. Für Privatveranstaltungen
wird die Teilnehmerzahl auf höchstens 50 Personen in geschlossenen
Räumen oder bis zu 100 Personen unter freiem Himmel beschränkt.

Wegen der hohen Infektionszahlen wurde die für diesen Samstag
geplante Veranstaltung «Ausbremst is» von den Organisatoren abgesagt.
Auch die Kundgebung von Landwirten aus Protest gegen die Ausbreitung
von Wölfen in Bayern an diesem Sonntag fällt coronabedingt aus.