Schweinehalter in Niedersachsen in Sorge - Preis sinkt

Nirgends in Deutschland gibt es mehr Schweine als in Niedersachsen.
Deshalb ist hier die Angst vor der Schweinepest besonders groß. Kaum
gibt es einen Fall in Brandenburg, bekommen die Bauern das zu spüren.

Hannover/Oldenburg (dpa/lni) - Das Eindringen der Afrikanischen
Schweinepest nach Deutschland macht den niedersächsischen
Schweinehaltern wirtschaftlich große Sorge. Die Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften von Vieh und Fleisch (VEZG) setzte am Freitag
außer der Reihe den Erzeugerpreis für Schweinefleisch neu fest und
senkte ihn von 1,47 Euro um 20 Cent auf 1,27 Euro je Kilogramm. «Das
ist ein erheblicher Effekt», sagte Jörn Ehlers, Vizepräsident des
Landvolks Niedersachsen, der Deutschen Presse-Agentur. Bei einem
Mastschwein mache der Wertverlust etwa 20 Euro aus.

«Es ist aktuell nur ein Fall eines einzigen Wildschweins», sagte
Ehlers. Die Tierseuche sei nicht in einen Bestand von Hausschweinen
eingedrungen, und Deutschland sei dagegen gut gerüstet.

Die für Menschen ungefährliche Tierseuche wurde bei einem toten
Wildschwein in Brandenburg nachgewiesen. Der Kadaver des Wildschweins
war wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt
gefunden worden. Damit verliert Deutschland den Status als
«seuchenfrei». Nun können Exportstopps für Schweinefleisch ins
Nicht-EU-Ausland drohen, vor allem nach China.

Nirgendwo in Deutschland ist die Schweinebranche größer als in
Niedersachsen. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in
Hannover gibt es 5200 Betriebe mit 8,3 Millionen Tieren. Etwas
weniger zählte die Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) in Bonn.
Sie ging für Anfang Mai von 5100 Schweinehalterbetrieben mit 8,08
Millionen Schweinen aus. Den Umsatz in Niedersachsen beziffert die
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands in Damme
(Kreis Vechta) auf etwa 3,5 Milliarden Euro in guten Jahren.

Als Empfänger deutscher Schweinefleischexporte liegt China an der
Spitze. 380 000 Tonnen wurden in der ersten Jahreshälfte nach dort
geliefert. China nehme auch Schnauzen, Ohren und Pfoten ab, die in
Deutschland nicht gefragt seien, sagte Wolfgang Ehrecke von der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Oldenburg. «Alles was wir in
Deutschland nicht so gerne essen, wird nach Asien exportiert. Das war
ein gutes Geschäft.»

Zwar hat Südkorea Importe aus Deutschland schon gesperrt. Die
Hoffnung der Schweinehalter ruht darauf, dass China trotz des einen
Schweinepestfalls weiter importiert. «China braucht massiv
Schweinefleisch», sagte Landvolk-Vize Ehlers. Die deutschen
Lieferungen seien nicht so leicht zu ersetzen, sagte auch
Marktanalyst Matthias Quaing von der Interessengemeinschaft der
Schweinehalter. «Ein Schwein hat nun mal nur vier Pfoten.»

Auf den Ernstfall der Schweinepest in Niedersachsen haben sich die
Betriebe nach Angaben von Landvolk und Kammer seit langem mit
Seuchenschutzplänen vorbereitet. Als Behörde sind die Landkreise
zuständig. Die Koordinierung in Niedersachsen liegt beim Landesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves).

Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) beriet am Freitag in einer
Telefonkonferenz mit den Landwirtschaftsverbänden. Es gebe eine rege
Kommunikation, sagte eine Sprecherin. Der größte Risikofaktor bei der
Abwehr des Schweinepest-Erregers sei der Mensch.

Der Mensch transportiere das Virus über Ländergrenzen hinweg,
erläuterte der Präsident der niedersächsischen Landesjägerschaft,
Helmut Dammann-Tamke, im Bremer «Weser-Kurier». Das geschehe etwa «in

Form von Wurstresten, die von einem infizierten Tier stammen und dann
unachtsam an einer Raststätte entsorgt und von einem anderen
Wildschwein gefressen werden».