Schweinepest: Bauern bangen um wichtiges Exportgeschäft mit China Von Lennart Stock und Sascha Meyer, dpa

Die Ernährungsbranche ist in Sorge, wie sich der erste Fall der
Afrikanischen Schweinepest in Deutschland wirtschaftlich auswirkt.
Vor allem weltweite Ausfuhren in wichtige Absatzmärkte sind bedroht.

Berlin (dpa) - Nach dem Auftauchen der Afrikanischen Schweinepest in
Deutschland bangen Schweinehalter und die Fleischwirtschaft um das
weltweite Exportgeschäft außerhalb der EU. Sorgen bereitet vor allem
der wichtige chinesische Markt. Ein Wegbrechen «würde uns sehr, sehr
stark treffen», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Freitag im
ZDF. Das Bundesagrarministerium spricht nach eigenen Angaben mit
mehreren Nicht-EU-Staaten über weitere Handelsmöglichkeiten. Ziel
ist, Exportstopps wegen der Tierseuche nur auf Schweinehalter aus
betroffenen deutschen Regionen zu begrenzen. Der Fundort des toten
infizierten Wildschweins in Brandenburg soll nun eingezäunt werden.

Viele Schweinehalter beobachten die neue Lage angespannt - auch wenn
ein Übertreten der für Menschen ungefährlichen Tierseuche schon lange

befürchtet wurde, die seit Monaten im Nachbarland Polen kursiert. In
den Ställen sind sorgfältige Hygienevorkehrungen wichtiger denn je,
wie auch das bundeseigene Friedrich-Loeffler-Institut betonte. «Dies
bietet immer noch den besten Schutz vor dem Eintrag des Erregers in
Nutztierbestände.» Dazu kommen nun Probleme in einigen Absatzländern.

Dabei bleiben 70 Prozent der Exporte im europäischen Binnenmarkt, wie
es vom Bundesagrarministerium heißt. Und in die EU sind Ausfuhren
auch nach dem ersten Schweinepest-Fall überwiegend weiter möglich.
Denn statt für ganz Deutschland gelten schon die regional begrenzten
Beschränkungen, die mit asiatischen Ländern erst angestrebt werden.
Das gilt vor allem für China, in das laut Ministerium 17 Prozent der
Schweinefleisch-Ausfuhren gehen. Südkorea mit einem Exportanteil von
4 Prozent verhängte schon einen Einfuhrstopp - für ganz Deutschland.
Interessant sind die asiatischen Märkte auch deshalb, weil dort Ohren
oder Pfoten gefragt sind, die hierzulande kaum Abnehmer finden.

Faktisch könne derzeit nicht nach China exportiert werden, hieß es
bei der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN).
Für tierische Produkte würden jeweils Handelsabkommen mit den Ländern

geschlossen, die an Gesundheitsauflagen geknüpft sind. Dazu gehöre
die Anforderung, dass es keine Schweinepest gibt - auch nicht bei
Wildschweinen. «Die Frage ist aber nun, was tatsächlich passiert»,
sagte ISN-Geschäftsführer Torsten Staack der dpa. «Noch steht eine
offizielle Entscheidung der chinesischen Veterinärbehörden aus, ob
dennoch Schweinefleisch geliefert werden darf.»

Da China selbst schwer von der Schweinepest getroffen ist, sei der
Bedarf nach Exportware in den vergangenen Monaten stark gestiegen.
Flexiblere Regelungen könnten daher vielleicht doch möglich sein.
«Dem stehen die fehlenden Veterinärzertifikate entgegen», sagte
Staack. Von den Gesprächen des Bundesministeriums hänge nun ab, «ob
es dann nur regionale Beschränkungen geben wird und einzelne
Unternehmen in Deutschland weiter nach China exportieren dürfen».

Der Verband der Fleischwirtschaft mahnte zur Eile. Neben der akuten
Seuchenbekämpfung sollten «schnellstmöglich Vereinbarungen mit
Drittländern zur Wiederaufnahme des Handels mit Schweinefleisch»
getroffen werden. Nur so könne aus schweinepestfreien Regionen in
Deutschland weiter Fleisch exportiert werden. Das Ministerium hob
hervor, dass das Geschehen weiterhin sehr begrenzt auf eine Region
und ein Wildschwein sei. Es gebe vorerst keinen Fall, der weiter
entfernt liege, oder ein Überspringen auf einen Hausschweinbestand.

In Brandenburg soll an diesem Samstag mit dem Aufstellen eines
Elektrozauns in einem Radius von drei Kilometern um den Fundort des
ersten infizierten Wildschweins begonnen werden, wie der Landkreis
Spree-Neiße mitteilte. Um die Fundstelle des weitgehend verwesten
Kadavers in der Gemeinde Schenkendöbern wurde ein vorläufiges
gefährdetes Gebiet mit einem Radius von 15 Kilometern festgelegt.
Dort sollen Beschränkungen für Jäger und Bauern angeordnet werden. In

der Zone gibt es nach Angaben des Verbraucherministeriums Brandenburg
rund 20 Schweinehalter, einer mit 5000 Schweinen ist sieben Kilometer
vom Fundort entfernt.

Das Friedrich-Loeffler-Institut rief dazu auf, bundesweit gefundene
tote Wildschweine sofort den Behörden zu melden, damit sie auf
Schweinepest untersucht werden können. Der Deutsche Jagdverband wies
darauf hin, dass das Virus durch menschlichen Einfluss Sprünge bis zu
1000 Kilometer gemacht habe. Auch ein Wurstbrot sei schon als
Ausbruchsquelle identifiziert worden. «Wenn ein krankes Schwein
geschlachtet wird und daraus Wurst oder Schinken gemacht wird, dann
hält sich das Virus darin noch 100 Tage», sagte Sprecher Torsten
Reinwald.

Die Experten des Versicherers Münchener und Magdeburger Agrar rechnen
nach dem ersten bestätigten Fall mit weiteren infizierten Tieren.
«Wildschweine leben in Rotten», sagte Martin Stricker, Leiter Schaden
Tierversicherung des zur Allianz gehörenden Unternehmens, in München.
«Man kann also davon ausgehen, dass die Rotte, zu dem das Tier
gehörte, auch infiziert ist.» Jedoch geht die Versicherung davon aus,
dass eine weitere Verbreitung bei konsequentem Einschreiten der
Behörden verhindert werden kann. «Wir sehen die Chance, dass das
genauso schnell eingedämmt wird wie in Belgien und Tschechien.»