Corona-Krise sorgt in Bayern für größten Steuerverlust seit 75 Jahren

Die seit Jahren gut sprudelnden Steuereinnahmen im Freistaat wurden
im Zuge der Pandemie abrupt gestutzt. Fast 12 Milliarden Euro werden
bis 2022 fehlen. Die Folgen daraus sind noch immer nicht absehbar.

München (dpa/lby) - Der Freistaat Bayern steuert in den kommenden
Jahren auf die heftigsten Steuerverluste seit dem Zweiten Weltkrieg
zu und ein Ende des Abschwungs ist bisher nicht zu erkennen. Wegen
der Corona-Krise drohen bis 2022 Mindereinnahmen von rund 11,8
Milliarden Euro. Für das laufende Jahr prognostiziert die wegen der
Pandemie zusätzlich durchgeführte Steuerschätzung einen Rückgang de
r
Einnahmen von rund 4,2 Milliarden Euro, für 2021 ein Minus von rund 4
Milliarden Euro und für 2022 von rund 3,6 Milliarden Euro.

Auch wenn der Konjunktureinbruch für das laufende Jahr nicht so
schlimm ausfalle, wie noch im Mai befürchtet, sei dies immer noch mit
Abstand der stärkste Einbruch der letzten Jahrzehnte, sagte
Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Freitag in München. Die
Aussichten für 2021 und 2022 seien nun sogar noch deutlich trüber.

Bayern ist mit der katastrophalen Steuerprognose nicht alleine. Das
Bundesfinanzministerium hatte bereits am Donnerstag in Berlin
mitgeteilt, dass Bund, Länder und Kommunen in Summe 2021 mit 19,6
Milliarden Euro weniger Einnahmen auskommen müssten als erwartet.

Aus dem Ministerium hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur,
dass dennoch davon auszugehen sei, dass Bayern trotz der schlechten
Prognosen beim Länderfinanzausgleich weiter ein Geberland bleibe.
Entscheidend hierfür sei das Verhältnis der Steuerkraft unter den
Ländern. Wie viel Geld Bayern zahlen müsse, sei aber noch offen.

Wegen der absehbaren Steuerverluste geht Füracker auch davon aus,
dass Bayern zumindest für das kommende Jahr die in der Verfassung
verankerte Schuldenbremse aussetzen muss. Es wäre unredlich, in
dieser Situation zu sagen, Bayern müsse keine Kredite aufnehmen,
sagte er. Gleichwohl bleibe es Ziel, wieder schnellstmöglich
ausgeglichene Haushalte vorlegen zu können. Final entschieden werden
könne die erneute Schuldenaufnahme aber erst nach dem Ergebnis der
November-Steuerschätzung, auf deren Basis dann auch der Haushalt für
die Jahre 2021 und 2022 erarbeitet werde.

Auf dem Kreditmarkt kommt dem Freistaat zu Gute, dass er sehr gute
Konditionen für Geldleihen erhält. Erst vor wenigen Tagen hatte die
Rating-Agentur «Standard & Poor's» Bayern erneut das Spitzenrating
«AAA/A-1+» mit stabilem Ausblick bescheinigt. Es ist das einzige
Bundesland mit der Höchstbewertung. Gründe dafür sind Bayerns
beachtliche Rücklagen, die große Wirtschaftskraft und die
vergleichsweise geringe Verschuldung. Ende 2019 stand Bayern mit rund
27 Milliarden Euro bei Geldgebern in der Kreide, umgerechnet kommen
damit rund 2100 Euro auf jeden der rund 13 Millionen Einwohner.

In diesem Jahr könnten die Steuerverluste mit dem vom Landtag
genehmigten 20 Milliarden Euro schweren Sonderfonds Corona komplett
abgedeckt werden. In Summe seien bisher rund 14 Milliarden Euro für
die Kompensation der Steuerverluste und für Hilfsprogramme
reserviert. «Ich will es nicht vollkommen ausschöpfen», sagte
Füracker.

Darüber hinaus kündigte er an, dass die Staatsregierung in dieser
Lage Steuererhöhungen jeglicher Art kategorisch ablehne, auch bei den
Investitionen solle nicht gespart werden: «Wir müssen alles tun,
damit die Wirtschaft in Schwung kommt.» Die Erholung werde nach einer
Krise in dieser seit 1945 nie da gewesenen Dimension nur sehr zäh
erfolgen. Wie extrem die Lage ist, zeigt ein Vergleich zur weltweiten
Finanzkrise: Zwischen Herbst 2008 und Mai 2009 beliefen sich die
geschätzten Einnahmerückgänge auf «nur» rund 1,5 Milliarden Euro.


Füracker betonte, dass es keine Abstriche bei den von CSU und Freien
Wählern für diese Wahlperiode gemachten Zusagen geben solle. Wie
bereits Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte auch Füracker

stattdessen, dass zur Ankurbelung von Konsum und Binnenkonjunktur
Projekte wie die Hightech-Agenda sogar beschleunigt durchgezogen
werden sollten. Auch Steuererhöhungen lehne er ab, das sei in der
jetzigen Lage der absolut falsche Weg.

Mit Blick auf den Export müsse zudem die Frage beantwortet werden,
wie die Unternehmen hier weiter unterstützt werden könnten, da der
lahmende Außenhandel auch eine enorme Rückwirkung auf den bayerischen
Arbeitsmarkt habe. Deshalb seien auch die Finanzhilfen der EU
wichtig, damit es «unseren Freunden in Europa» gut geht. Die
Wirtschaft in Bayern ist schon lange sehr exportorientiert und auf
die Geschäfte mit dem Ausland angewiesen.