Trump verteidigt Verhalten und zieht Parallele zu Churchill

Vor der Wahl in den USA hat sich US-Präsident Trump selbst in
Bedrängnis gebracht: Er hat eingeräumt, die Corona-Gefahr
heruntergespielt zu haben. Zu seiner Verteidigung bemüht er nun auch
eine historische Figur aus dem Zweiten Weltkrieg.

Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat eine Parallele
zwischen seinen Beschwichtigungen in der Corona-Pandemie und dem
Verhalten des britischen Premierministers Winston Churchill im
Zweiten Weltkrieg gezogen. «Als Hitler London bombardierte, ging
Churchill, ein großer Anführer, oft auf ein Dach in London und
sprach», sagte Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) bei einer
Wahlkampfveranstaltung in Freeland im US-Bundesstaat Michigan. «Und
er sprach immer mit Gelassenheit. Er sagte, wir müssen Gelassenheit
zeigen. Nein, wir haben es richtig gemacht, und wir haben eine Arbeit
geleistet wie niemand sonst.»

Trump ist knapp zwei Monate vor der Wahl in den USA unter Druck
geraten, weil er in Interviews des Investigativjournalisten Bob
Woodward im März gesagt hatte, er habe die Gefahr durch das Virus
bewusst heruntergespielt. Entsprechende Passagen und Tonbandaufnahmen
waren am Mittwoch von US-Medien veröffentlicht worden. Trump sagte
danach zu seiner Verteidigung, er habe keine Panik verbreiten wollen.

Trump verwies am Donnerstag auf den Rat der Regierung in London an
die Briten im Zweiten Weltkrieg: «Keep calm and carry on» (in etwa:
Ruhe bewahren und weitermachen). «Das ist, was ich getan habe.» Von
Churchill ist überliefert, dass er die Bombenangriffe der Nazis auf
London von einem Dach aus beobachtete, nicht aber, dass er dabei
Reden hielt. Im Juni 1945 - also nach dem Kriegsende - sprach er im
Wahlkampf auf einem Vordach, wie auf Fotos festgehalten wurde.

Bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus dementierte Trump am
Donnerstag, dass er die Amerikaner über die Gefahr durch das
Coronavirus belogen habe. Die entsprechende Frage eines Reporters
nannte er «eine Schande». «Ich habe nicht gelogen», sagte Trump.
«Ich
habe gesagt, wir müssen ruhig bleiben, wir dürfen nicht in Panik
geraten.» Trumps Herausforderer im Rennen ums Weiße Haus, der
Demokrat Joe Biden, hatte dem Republikaner am Mittwoch vorgeworfen,
das amerikanische Volk belogen zu haben und für den Tod Zehntausender
US-Bürger verantwortlich zu sein.

Trump argumentierte am Donnerstag, hätte Woodward gedacht, dass seine
Aussagen problematisch seien, hätte er damit sofort an die
Öffentlichkeit gehen sollen, statt monatelang damit zu warten. In
Freeland nannte er den Pulitzer-Preisträger Woodward vor jubelnden
Anhängern einen «Spinner». Erneut lobte er das Krisenmanagement
seiner Regierung, das eine Mehrheit der Amerikaner in Umfragen seit
Monaten negativ beurteilt. Trump sagte: «Ich denke, wir haben bei der
Pandemie wahrscheinlich die beste Arbeit von allen Ländern geleistet,
sicherlich von allen wichtigen Ländern der Welt.»

Im Weißen Haus stellte Trump die Lage in den USA in der
Corona-Pandemie als besser dar als in Europa. «Wenn man sich die
Europäische Union im Moment ansieht, dann haben sie Ausbrüche, wie
man sie noch nie zuvor gesehen hat, und offen gesagt sind ihre Zahlen
auf einem Niveau, das viel schlimmer ist als die Zahlen hier», sagte
er. Als Beispiele nannte er Italien, Frankreich und Spanien. Dort
haben die Infektionszahlen zwar wieder zugenommen, auch in den
USA sind sie aber weiterhin auf einem hohen Niveau.

Trump zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass die USA die Krise bald
überwinden würden. Einen weiteren «Shutdown» schloss er aus. Seinem

Herausforderer bei der Wahl am 3. November, Joe Biden, warf er vor,
die Pandemie für politische Zwecke zu missbrauchen.

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind nach Statistiken der Universität
Johns Hopkins in Baltimore mehr als 191 000 Menschen in den USA nach
einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Die Zahl der täglichen
Neuansteckungen lag am Mittwoch bei mehr als 34 000. In absoluten
Zahlen haben die USA weltweit die meisten Corona-Toten zu beklagen,
nicht aber relativ zur Einwohnerzahl. In dieser Kategorie liegen die
USA an siebter Stelle. In der EU hat demnach nur Spanien mehr Tote
pro 100 000 Einwohner zu beklagen.