Würstl und Grillsaison - Fleischbranche-Gesetz im Bundestag

In der Corona-Krise sind die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen
wegen vieler Ansteckungen in den Fokus gerückt. Arbeitsminister Heil
will in der Branche «aufräumen». Sein entsprechendes Gesetz wurde nun

zum ersten Mal im Bundestag beraten.

Berlin (dpa) - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat zum Auftakt
der Bundestagsberatungen über das geplante Gesetz für mehr
Arbeitsschutz in Schlachthöfen die Arbeitsbedingungen in der Branche
erneut scharf kritisiert. Der SPD-Politiker prangerte überlange
Arbeitszeiten, schlechte Unterbringung und fehlenden Corona-Schutz in
Schlachtbetrieben an. «Diese Ausbeutung ist eine Schande für unser
Land, und wir werden damit aufräumen», sagte Heil. Es handele sich um
Zustände, die teilweise, aber in erheblichem Umfang in der deutschen
Fleischindustrie herrschten.

Das sogenannte Arbeitsschutzkontrollgesetz aus Heils Ministerium, das
am Donnerstag in erster Lesung im Bundestag behandelt wurde, sieht
vor, dass Kerntätigkeiten in der Fleischwirtschaft wie Schlachten,
Zerlegen und Verarbeiten künftig nicht mehr von betriebsfremden
Beschäftigten ausgeführt werden dürfen. Werkverträge und Leiharbeit

sollen in der Branche von 2021 an verboten sein. Ausgenommen sind
Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern. Nach gehäuften
Corona-Infektionen in Fleischbetrieben waren die Arbeitsbedingungen
in der Branche und die Unterbringung ausländischer Beschäftigter
erneut in den Fokus gerückt.

Eingeführt werden sollen künftig außerdem eine Pflicht zur
elektronischen Arbeitszeiterfassung, Mindestanforderungen für
Gemeinschaftsunterkünfte und eine Mindestquote für
Arbeitsschutzkontrollen.

Heil sagte in der Debatte, Lobbyisten würden versuchen, das Gesetz
aufzuweichen. Es sei noch nicht in trockenen Tüchern, sagte die
stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast der Deutschen
Presse-Agentur. «Das ist kein politischer «Feldzug gegen die Wurst»,

sondern die Antwort auf ein Geschäftsmodell, das Menschen ausgebeutet
hat.» Das Corona-Virus habe gezeigt, wohin das Geschäftsmodell führe.

«Die hart arbeitenden Menschen sind zu Tausenden krank geworden», so
Mast.

Kritik an dem Gesetz kommt aus der Opposition, aber auch vom
Koalitionspartner Union. Linke und Grüne bemängelten in der Debatte,
dass die Pläne mit Blick auf Bußgelder und Kontrollen in den
Betrieben noch zu lasch seien. Die AfD kritisierte das Verbot von
Werksverträgen und Leiharbeit als überzogen und schlug stattdessen
eine Obergrenze von 15 Prozent für betriebsfremdes Personal vor. Aus
der FDP hieß es, mit dem Verbot von Zeitarbeit in der Branche würden

Handwerk und Mittelstand empfindlich getroffen. «Wie wollen Sie den
Herstellern von Nürnberger Rostbratwürsteln erklären, dass sie zur
nächsten Grillsaison ihre Produktion nicht mehr hochfahren können?»,

fragte der FDP-Abgeordnete Carl-Julius Cronenberg.

Kritisch äußerte sich auch der CSU-Politiker Max Straubinger. Er
sieht eine «Verbotskultur» in dem vorliegenden Gesetz. Es habe in
einzelnen Betrieben Vorfälle gegeben, die zu verurteilen seien, aber
nicht in der gesamten Fleischwirtschaft. Straubinger sprach sich
dafür aus, zumindest im Bereich Fleischverarbeitung Werkverträge und
Leiharbeit weiterhin zu erlauben. Dort brauche man Flexibilität. «Es
ist nicht nur die Grillsaison, es ist Weihnachten, es ist Ostern.» In
Nürnberg arbeiteten etwa dieselben Menschen in der Grillsaison in der
Fleischwirtschaft und später in der Lebkuchenproduktion.