Ungarns Verband: Grenzsperre stellt Fremdenverkehr «auf null»

In Zeiten der Pandemie hat es die Tourismus-Branche überall schwer.
In Ungarn muss sie aber besonders leiden. Die Hotels stehen leer,
weil Regierungschef Orban ausländische Urlauber für die Einschleppung
des Coronavirus mitverantwortlich macht.

Budapest (dpa) - Der Ungarische Hotel- und Gaststättenverband wirft
der Regierung des Landes vor, mit der coronabedingten Sperre der
Grenze für Ausländer der Tourismus-Branche erheblich zu schaden. «Die

Maßnahme hat den Fremdenverkehr in Ungarn auf null gestellt», sagte
Verbandspräsident Tamas Flesch der Deutschen Presse-Agentur. Gerade
der frühe Herbst mit seinem relativ milden Klima sei eine gute Zeit
für den Städtetourismus, von dem die Hauptstadt Budapest in der
Vergangenheit profitiert habe.

Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban hatte am 1.
September nach kurzfristiger Ankündigung die Grenzen für Ausländer
gesperrt. Sie begründete dies mit der zuletzt stark gestiegenen Zahl
an Corona-Infektionen. Ausländer und ungarische Urlaubsrückkehrer
würden das Coronavirus «einschleppen», argumentierte Orban. Es gibt
zwar Ausnahmen etwa für Geschäftsreisende, aber Urlaubsreisen nach
Ungarn sind derzeit nicht möglich. Die Ungarn selbst müssen nach der
Rückkehr aus dem Ausland in eine 14-tägige Quarantäne.

«Die Auslastung der Budapester Hotels beträgt derzeit zwischen null
und fünf Prozent», sagte Flesch. Ohne Grenzsperre hätte man im
Herbstgeschäft wenigstens mit einer Auslastung von 20 bis 25 Prozent
rechnen können, fügte er hinzu. «Die Hotelunternehmen werden nicht
darum herum kommen, weitere Mitarbeiter zu entlassen.» Bislang hätten
sie 60 Prozent der Mitarbeiter halten können, ohne Gäste werde
ungefähr die Hälfte von ihnen ihren Job verlieren.

Die Corona-Pandemie hat den ungarischen Fremdenverkehr, dessen
Umsätze 2019 knapp sieben Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes
ausmachten, schwer getroffen. Selbst im Juli, als die Bürger der
meisten EU-Länder uneingeschränkt einreisen konnten, verzeichnete das
Land einen Einbruch der ausländischen Gästeübernachtungen um 75
Prozent gegenüber dem Juli des Vorjahres. In Budapest waren es sogar
88 Prozent, berichtete das Statistische Zentralamt.

Insgesamt fiel der Umsatz der Fremdenverkehrsbranche im Juli
gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent zurück. Der relativ starke
Inlandstourismus verhinderte einen stärkeren Einbruch. Unter dem
Ausbleiben der ausländischen Gäste leidet vor allem Budapest. Die
Metropole an der Donau etablierte sich in den vergangenen Jahren als
attraktives Ziel für Städtereisende.