Schwangere mit Corona: seltener Fieber, aber mehr frühe Geburten Von Esra Ayari, dpa

Experten haben untersucht, welche Auswirkungen Corona auf Schwangere
haben kann. Demnach entwickeln sie bei einer Infektion wohl seltener
Fieber - haben aber öfter Frühgeburten. Wie kommt es dazu?

London (dpa) - Andere Symptome und ein erhöhtes Risiko für eine
Frühgeburt: Experten haben mögliche Folgen einer Corona-Infektion bei
schwangeren Frauen untersucht. Eine verfrühte Geburt ist demnach bei
ihnen wahrscheinlicher, wobei die Rate spontaner Frühgeburten - also
bei von selbst einsetzenden Wehen - kaum höher liegt. Bei infizierten
Schwangeren werde also öfter eine Schwangerschaft eingeleitet
und/oder der Säugling per Kaiserschnitt früher geholt, erläutern die

Forscher im Fachmagazin «BMJ». Dafür gebe es verschiedene Gründe.

Das sei eine Situation, die nicht nur bei einer Ansteckung mit
Sars-CoV-2, sondern auch bei anderen Infektionen auftreten könne,
erklärte die Virologin Susanne Modrow, die unter anderem zu
Virusinfektionen in Schwangerschaften forscht. «Akute Infektionen
haben in der Spätphase der Schwangerschaft häufig das Risiko einer
verfrühten Geburt.»

Zusammengetragen haben die Forscher um Shakila Thangaratinam vom WHO
Collaborating Centre for Global Women's Health an der University of
Birmingham die Ergebnisse von insgesamt 77 Studien. Aus ihrer Analyse
geht auch hervor, dass Symptome wie Fieber und Muskelschmerzen bei
infizierten Schwangeren im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen mit
einer Infektion nicht so häufig auftreten. Dies könne aber auch daran
liegen, dass Schwangere bei ihrer Einweisung in die Klinik meist auf
das Coronavirus getestet werden - unabhängig davon, ob sie Symptome
zeigen oder nicht. Nicht schwangere Frauen hingegen seien oftmals nur
getestet worden, weil sie Symptome zeigten.

Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte,
erklärte dazu, dass die typischen Covid-19-Symptome wie Fieber und
Muskelschmerzen vor allem auf die Aktivierung des Immunsystems
zurückgingen, weil es sich mit den Krankheitserregern
auseinandersetze. «Das Immunsystem von Schwangeren ist aber
herunterreguliert, damit das Baby nicht als Fremdkörper erkannt und
eine Abstoßungsreaktion eingeleitet wird.» Das könne ein Grund für

die teilweise fehlenden oder anderen Symptome bei infizierten
Schwangeren sein.

Zudem brauchten laut Studie Schwangere öfter intensivmedizinische
Betreuung als nicht schwangere Infizierte. «Dass Schwangere jetzt
besonders gefährdet sind im Vergleich zu Nicht-Schwangeren - dafür
gibt es noch zu wenige stichhaltige Daten», sagte Virologin Modrow
dazu. Klar sei - wie auch in der Studie beschrieben - dass es bei
vorerkrankten Müttern, also etwa solchen mit Übergewicht,
Bluthochdruck oder Diabetes, zu Komplikationen kommen könne.

Klare Unterschiede gebe es bei der Behandlung von schwer erkrankten
Covid-19-Patienten. Bei Schwangeren sei die antivirale Behandlung mit
dem Medikament Remdesivir nicht zugelassen, so Modrow. Bei
beatmungspflichtigen Jugendlichen und Erwachsenen mit einer
Lungenentzündung werde das Medikament hingegen verabreicht. Daher
solle eine Infektion insbesondere bei einer Schwangerschaft vermieden
werden.

Modrow zufolge ist eine Übertragung des Erregers auf das Ungeborene
im Mutterleib «extrem selten». Komme es unerwartet doch dazu, sei
dies nicht zwingend bedenklich. «Es gibt bisher keine Hinweise, dass
eine angeborene Schädigung mit einer lebenslangen Problematik
aufgrund einer Coronavirus-Infektion auftritt.»

Eine weitere gute Nachricht aus der Studie: Die Anzahl von
Totgeburten oder Todesfällen bei Neugeborenen war bei infizierten
Schwangeren nicht höher.