Vizekanzler Scholz muss sich Fragen zu Finanzskandalen stellen

Zwei Skandale der Finanzwelt strapazieren die Nerven in der
SPD-Parteizentrale. Kanzlerkandidat Olaf Scholz muss sich zu beiden
kritische Fragen gefallen lassen. Am Mittwoch auch im Bundestag.

Berlin (dpa) - Vizekanzler Olaf Scholz muss sich am Mittwoch im
Bundestag kritischen Fragen zu seiner Rolle bei gleich zwei
Finanzskandalen stellen. Am Vormittag (10.30 Uhr) wird der
Finanzminister hinter verschlossenen Türen im Zusammenhang mit
sogenannten Cum-Ex-Geschäften der Hamburger Warburg Bank befragt. In
einer Bundestagsdebatte (gegen 15.00 Uhr) will er sich dazu später
offen äußern. Zuvor repräsentiert der SPD-Politiker auch noch die
Bundesregierung bei der offiziellen Regierungsbefragung. Hier könnte
es dann zusätzlich um seine Rolle im Bilanzskandal beim
Zahlungsabwickler Wirecard gehen.

Beide Finanzskandale kommen für den frisch gekürten Kanzlerkandidaten
der SPD zur Unzeit - ein Jahr vor der Bundestagswahl geben sie seinen
Konkurrenten einfache Angriffspunkte. Scholz versprach vor den
Befragungen volle Transparenz und betonte etwa, er sei stets scharf
gegen Cum-Ex-Steuerbetrüger vorgegangen.

In der Kritik steht der Vizekanzler wegen zweier möglicher Treffen
mit dem Mitinhaber der Warburg Bank, Christian Olearius, im Jahr
2016, als Scholz noch Hamburger Bürgermeister war. Gegen die Warburg
Bank und Olearius liefen zu der Zeit Ermittlungsverfahren wegen des
Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Die Hamburger Finanzämter
ließen später eine Millionen-Rückforderung verjähren. Scholz weist

jegliche politische Einflussnahme entschieden zurück. Er habe alle
Fragen zu dem Fall beantwortet und werde das auch weiter tun,
versicherte er.

Der Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi forderte von Scholz
Aufklärung: «Er muss jetzt alle Karten auf den Tisch legen. Die Sache
stinkt», sagte De Masi dem Nachrichtenportal «T-Online» (Mittwoch).
Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Lisa Paus,
forderte von Scholz, das Protokoll seiner Befragung aus dem
Finanzausschuss öffentlich zu machen. Außerdem solle der
Finanzminister den Schriftverkehr mit der Warburg Bank zur Verfügung
stellen, sagte Paus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch)

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian
Toncar, sagte dem RND: «Der Verdacht, dass die Warburg-Bank in
Hamburg eine Vorzugsbehandlung erhalten hat, um kriminell erlangte
Gelder behalten zu können, ist unerträglich und eine schwere
Belastung für das Amt des Bundesfinanzministers.» Es sei nun an
Scholz, diesen Verdacht durch aktive Aufklärung umfassend
auszuräumen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion,
Carsten Schneider, warf dagegen den Fraktionen vor, Wahlkampf zu
betreiben. «Sie versuchen, die Person des Bundesfinanzministers, der
bisher erfolgreich die Auswirkungen der Krise auf das
Gesundheitswesen und die Arbeitsplätze in Deutschland meistert, zu
diskreditieren und wollen so den Kanzlerkandidaten der SPD
beschädigen. Das wird nicht gelingen», sagte Schneider «t-online».


Auch beim wohl größten deutschen Finanzskandal der
Nachkriegsgeschichte, der Wirecard-Affäre, steht Scholz unter Druck.
Die Oppositionsfraktionen von Grünen, Linken und FDP wollen einen
Untersuchungsausschuss einsetzen. Unter anderem geht es um die Frage,
warum der Milliardenbetrug nicht bemerkt wurde.

Der inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister hatte Luftbuchungen
von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Münchner Staatsanwaltschaft
geht davon aus, dass Wirecard seit 2015 Scheingewinne auswies - der
Schaden für Kreditgeber und Investoren könnte sich auf 3,2 Milliarden
Euro summieren.

Scholz hat inzwischen einen Umbau der Finanzaufsicht angestoßen.
Unter anderem sollen Prüfung und Beratung strikter getrennt werden.
Die Aufsichtsbehörden sollen zusätzliche und schärfere Instrumente
bekommen.