Boykotts, Streiks und Quarantäne bei Schulrückkehr in Spanien

Madrid (dpa) - Die Wiederaufnahme des Unterrichts nach rund
sechsmonatiger Pandemie-Pause ist im Corona-Hotspot Spanien von
zahlreichen Zwischenfällen überschattet worden. In der wegen der
vielen Neuausbrüche abgeriegelten 11 000-Einwohner-Gemeinde Santoña
in der Region Kantabrien boykottierte der größte Teil der Eltern den
Schulbeginn, wie Medien am Dienstag berichteten.

In der Grundschule «Macias Picavea» etwa seien am Montag nur 21 der
500 eingeschriebenen Kinder erschienen, in «Juan de la Cosa» nur
sieben von 350. «Es ist nicht logisch, dass bei uns alles zu ist und
die Kinder zur Schule müssen», wurde Gloria Izan, Mitglied des «Juan

de la Cosa»-Elternrates von der Zeitung «El País» zitiert.

Zum Boykott riefen auch Elternverbände in vielen anderen Regionen
Spaniens auf. In mehreren Städten Andalusiens, wo der
Unterrichtsbeginn für kommenden Montag angesetzt ist, wurde dazu
aufgerufen, zum Zeichen des Protests gegen die als unsicher
angeprangerten Bedingungen die Ranzen an Balkonen und Fenstern zu
hängen. Dabei hatte Bildungsministerin Isabel Celaá die Eltern
bereits Ende August vor einem Schulboykott aus Angst vor dem Virus
gewarnt. «Die Präsenz in den Klassenräumen ist Pflicht», sagte sie.


In Madrid, der von den Neuausbrüchen zuletzt am stärksten betroffenen
Region Spaniens, protestieren nicht nur die Eltern, sondern auch die
Lehrer. Sie kündigten für den 22. und den 23. eine
Arbeitsniederlegung und Kundgebungen an. In der Hauptstadt gab es am
Dienstag auch eine erste Hiobsbotschaft. Am angesehenen privaten
Lycée Français musste eine Grundschulklasse in Quarantäne gesetzt
werden. Ein Schüler sei nach dem Schulbeginn am vorigen Freitag
positiv getestet worden, teilten die regionalen Behörden mit.

Die mehr als 410 000 Vor- und Grundschulkinder an den öffentlichen
Schulen Madrids kehrten am Dienstag in die Klassenräume zurück.
Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso versuchte, die Eltern zu
beruhigen: «Wir schicken die Kinder doch nicht in Risikogebiete.»

In Spanien gilt für Kinder ab sechs Jahren auf dem Schulgelände fast
immer und überall Maskenpflicht. Lehrer und Schüler müssen sich
zudem täglichen Temperaturmessungen unterziehen.

Seit Ende Juni steigt die Zahl der Neuinfektionen in Spanien wieder
nahezu stetig an. Die Zahl der Ansteckungen seit Ausbruch der
Pandemie überschritt am Montag die Marke von 500 000. Sie liegt damit
höher als in jedem anderen westeuropäischen Land.