Ärzte und Kommunen: Hilfen für Gesundheitsämter schnell umsetzen

Die Pandemie zeigt, wie wichtig das konkrete Krisenmanagement vor Ort
ist. Doch sie zeigt auch, woran es vielen Ämtern fehlt. Wie zügig
können diese jetzt mit umfassender Unterstützung aus Berlin rechnen?

Berlin (dpa) - Ärzte und Kommunen dringen auf rasche und dauerhafte
Verbesserungen für die Arbeit der fast 400 Gesundheitsämter über die

Corona-Krise hinaus. Der Präsident des Deutschen Städtetags, Leipzigs
Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), sagte am Dienstag mit Blick
auf ein von Bund und Ländern vereinbartes Milliarden-Programm: «Die
Gesundheitsämter brauchen die Hilfen schnell.» Ärztepräsident Klaus

Reinhardt begrüßte das «bisher beispiellose Hilfspaket» für mehr

Personal und bessere digitale Ausstattung. «Aber niemand sollte
glauben, dass sich die Besetzung von 5000 neuen Stellen einfach
beschließen lässt.» Die eigentliche Arbeit fange jetzt erst an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dankte den Gesundheitsämtern für

ihre zentrale Rolle in der Corona-Pandemie. Sie hätten «einen ganz
wesentlichen Anteil daran, dass wir das Infektionsgeschehen bislang
in Deutschland doch weitgehend unter Kontrolle halten konnten», sagte
sie in einer Videokonferenz mit Vertretern von Ämtern, Kommunen und
Ländern. Für die Ämter bedeuteten das Verfolgen von Infektionsketten

oder das Anordnen von Tests und Quarantäne gerade einen «unfassbaren
Mehraufwand». Der Bund wolle nun viel Geld für Verbesserungen in die
Hand nehmen. «Die Gesundheitsämter wissen selbst am besten, wo
geeignete Ansatzpunkte für Veränderungen sind.»

Nach einem Konzept von Bundesminister Jens Spahn (CDU) und seinen
Länderkollegen sollen bis Ende 2022 mindestens 5000 unbefristete
Vollzeitstellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst neu entstehen -
davon mindestens 1500 bis Ende kommenden Jahres. Geplant ist breit
angelegte Unterstützung bei digitalen Lösungen etwa für Meldesysteme.

Kommen sollen zudem Anreize über die Besoldung, «tarifvertragliche
Regelungen» und attraktivere Arbeitsbedingungen. Der Bund will für
die Umsetzung vier Milliarden Euro bis 2026 bereitstellen. Die
Gesundheitsämter haben nach Verbandsangaben rund 17 000 Beschäftigte.

Spahn erläuterte, 90 Prozent der zusätzlichen Stellen sollten in den
Landkreisen und Städten entstehen. Je nach Größe des Gesundheitsamts

könnten es zehn, 20 oder 30 Stellen mehr sein. Er räumte ein, dass es
«eine Kraftanstrengung» werde, die Stellen dann auch zu besetzen. Man
müsse sie aber überhaupt erst einmal schaffen und finanzieren. In der
Videokonferenz, die in ausgewählten Teilen im Internet übertragen
wurde, unterstrichen auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder
(CSU) und Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in
eingespielten Grußworten die Bedeutung der Gesundheitsämter.

Ärztepräsident Reinhardt warb für einen eigenständigen Tarifvertrag

für Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Für eine dauerhaft
bessere Personalausstattung sei eine gesicherte, arztspezifische
Vergütung notwendig. «Nur so können Gesundheitsämter mit anderen
medizinischen Einrichtungen um hochmotivierte Ärztinnen und Ärzte
konkurrieren», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Neben dem personellen Ausbau müsse die digitale Vernetzung absolute
Priorität haben. Nötig seien «einheitliche und vor allem schnelle
Meldeketten» zwischen Gesundheitsämtern, Landes- und Bundesbehörden,

sagte Reinhardt. Städtetagspräsident Jung betonte: «Die Hilfen dürf
en
kein Strohfeuer sein.» Nötig seien Finanzmittel über 2026 hinaus, um

in den Ämtern langfristig planen zu können.

Merkel sagte, dass Deutschland so gut durch die Pandemie gekommen
sei, habe auch mit den Entscheidungsmöglichkeiten vor Ort zu tun.
«Das zeichnet unser Land aus.» Laut einer Umfrage ist die Mehrheit
der Bundesbürger zufrieden damit, dass vor allem lokal über Schritte
zur Corona-Eindämmung entschieden wird. Rund 60 Prozent sagten in der
Umfrage im Auftrag des Deutschen Landkreistags, dies habe sich «auf
jeden Fall» oder «eher» bewährt. Präsident Reinhard Sager betonte
:
«Wenn wir im vergangenen halben Jahr eines lernen konnten, dann dies:
Die Pandemie kann dezentral gut beherrscht werden.»