Bericht: Luftverschmutzung größte Bedrohung für die Gesundheit
In Europa geschieht etwa jeder achte Todesfall vorzeitig in Folge von
Umweltbelastungen wie schlechter Luft. Einem Bericht der Europäischen
Umweltagentur (EEA) zufolge trifft es vor allem Kinder, Alte und
Arme.
Kopenhagen (dpa) - Mehr als 400 000 Menschen in der Europäischen
Union sterben jährlich vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Europäischen
Umweltagentur (EEA), die am Dienstag in Kopenhagen veröffentlicht
wurde. Für den Bericht wurden Daten zum Einfluss der Umwelt auf die
Gesundheit und das Wohlbefinden der Europäer analysiert. Demnach
stellt in Europa die Luftverschmutzung nach wie vor die größte
Umweltbedrohung für die Gesundheit dar. 1990 habe die Zahl der darauf
zurückgehenden vorzeitigen Todesfälle allerdings noch bei einer
Million gelegen, sagte Catherine Ganzleben von der EEA.
Die Untersuchungen stützen sich unter anderem auf Daten der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den Todes- und
Krankheitsursachen von 2012. Demnach lassen sich rund 13 Prozent der
jährlichen Todesfälle in Europa - das entspricht 630 000 vorzeitig
Verstorbenen - auf Umweltfaktoren zurückführen und wären daher
vermeidbar. Zu den häufigsten Todesursachen zählten Krebs, Herz- und
Lungenerkrankungen sowie Schlaganfälle.
An zweiter Stelle stehe die Lärmbelastung, die zu 12 000 vorzeitigen
Todesfällen führe, heißt es in dem Bericht weiter. Dabei sei
Verkehrslärm die Hauptursache.
Ein weiteres im Bericht erwähntes Gesundheitsrisiko ist der
Klimawandel - mit Hitzewellen und Kälteperioden, Überschwemmungen
sowie einer Zunahme von unter anderem durch Insekten übertragenen
Krankheiten. In Teilen Nordeuropas ist beispielsweise die durch
Zecken übertragene Frühsommer-Mengingoenzephalitis (FSME) zunehmend
ein Problem.
Menschen in städtischen Umgebungen seien von den Folgen des
Klimawandels besonders betroffen, sagte Ganzleben. Sie betonte die
Bedeutung von Parks und anderen Grünflächen in Städten, nicht zuletzt
für benachteiligte Gruppen. Die Vorteile reichten von Angeboten für
körperliche Aktivität, Entspannung und soziale Integration bis hin zu
kühleren Temperaturen bei Hitzewellen und der Verbesserung der
Luftqualität.
Ein weiterer Faktor seien Resistenzen von Krankheitserregern, die auf
einen zu starken Antibiotika-Einsatz zurückgehen. Außerdem seien
chemische Verbindungen wie zum Beispiel in der Landwirtschaft
genutzte Pestizide eine Bedrohung. Die WHO hat geschätzt, dass fast
drei Prozent der weltweiten Todesfälle auf die Exposition gegenüber
Chemikalien zurückzuführen sind.
Auffällig sei der deutliche Unterschied zwischen den Ländern in Ost-
und Westeuropa, hieß es von der EEA auch. In vielen osteuropäischen
Länder sei die Rate vorzeitiger Tode durch Umweltfaktoren sehr viel
höher als in Westeuropa. Den höchsten Anteil an Todesfällen in
Zusammenhang mit Umweltbelastungen habe Bosnien und Herzegowina (27
Prozent), den niedrigsten hätten Island und Norwegen (9 Prozent).
Auch in Deutschland ist die Situation demnach vergleichsweise gut.
Eine schlechte Umwelt sei vor allem für Kinder, Alte und Arme eine
Belastung, die das Leben verkürzen könne. «Während wir in Europa
Verbesserungen in der Umwelt und im Green Deal einen klaren Fokus auf
eine nachhaltige Zukunft sehen, zeigt der Bericht, dass Maßnahmen
erforderlich sind, um die am stärksten gefährdeten Personen in
unserer Gesellschaft zu schützen», sagte EEA-Exekutivdirektor Hans
Bruyninckx. Armut gehe häufig mit dem Leben in einer belasteten
Umwelt und schlechter Gesundheit einher. «Die Bewältigung dieser
Zusammenhänge muss Teil eines integrierten Ansatzes für ein
inkludierendes und nachhaltigeres Europa sein.»
«Jeder muss verstehen, dass wir durch den Schutz unseres Planeten
nicht nur Ökosysteme, sondern auch Leben retten, insbesondere das
derjenigen, die am anfälligsten sind», sagte EU-Umweltkommissar
Virginijus Sinkevicius. «Genau darum geht es beim European Green
Deal, weil er dem Kampf gegen Umweltverschmutzung und Klimawandel
sowie dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt oberste
Priorität gibt.»