«Einsamer Tod»: Steinmeier regt Gedenkfeier für Corona-Opfer an

Tausende Opfer, teils einsam gestorben: Bundespräsident Steinmeier
will Angehörigen von Corona-Toten eine symbolische Stütze geben.
CSU-Chef Söder blickt derweil auf Herbst und Winter - ein Abrücken
vom vorsichtigen Kurs kommt für ihn nicht in Frage.

Berlin (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will die
Angehörigen von Corona-Toten in ihrer Trauer nicht alleine lassen.
Das Staatsoberhaupt brachte eine offizielle Gedenkstunde für die
Opfer ins Gespräch. «Der Corona-Tod ist ein einsamer Tod», sagte
Steinmeier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Samstag). Beim
weiteren Kampf gegen das Virus will Bayerns Ministerpräsident Markus
Söder (CSU) vorrangig den regulären Kita- und Schulbetrieb und das
Wirtschaftsleben sichern. Er lehnte es strikt ab, nun vom
vorsichtigen Anti-Corona-Kurs abzurücken.

Steinmeier sagte, viele Patienten in Krankenhäusern und Altenheimen
seien ohne den Beistand ihrer Angehörigen gestorben, die
Hinterbliebenen hätten nicht Abschied nehmen können. «Wir müssen de
n
Menschen in ihrer Trauer helfen - und darüber nachdenken, wie wir
unser Mitgefühl ausdrücken können.» Wann dafür der richtige Zeitp
unkt
sei und ob etwa eine Gedenkstunde der richtige Rahmen sei, werde er
mit den Vertretern der anderen Verfassungsorgane besprechen.

Man dürfe die Trauer der Angehörigen nicht vergessen. «Wir haben 9300

Tote zu beklagen.» Das seien zwar niedrigere Todeszahlen als
anderswo. «Aber es sind in sechs Monaten dreimal so viel wie die
jährlichen Verkehrstoten. Das sollten wir nicht übersehen.»

Unterdessen verdeutlichte CSU-Chef Söder mit Blick auf die kalte
Jahreszeit: «Herbst und Winter werden auf jeden Fall noch eine
Bewährungsprobe.» Die Infektionszahlen müssten «wieder runter», s
agte
er der Deutschen Presse-Agentur. «Wir wollen einen zweiten Lockdown
verhindern.» Söder verteidigte zugleich den bisherigen Kurs. «Wir
sollten jetzt nicht unter dem Druck von einigen lautstarken
Demonstranten aus der rechten Szene und Verschwörungstheoretikern die
gesamte Strategie revidieren, um die uns die ganze Welt beneidet.» Im
internationalen Kontext gelte Deutschland als Vorbild.

Im weiteren Kampf gegen Corona nannte er die Stärkung der Wirtschaft
und die Aufrechterhaltung von Schule und Kita-Betrieb für die
Familien als «die obersten prioritären Ziele». Er machte deutlich,
dass dahinter im Zweifel weitere Lockerungen der
Anti-Corona-Maßnahmen etwa in den Bereichen Sport und Kultur
zurückzustehen haben.

Auch Steinmeier mahnte, «die gesunkenen Zahlen von Neuinfektionen und
die deshalb möglichen Lockerungen sind überzeugende Argumente, auf
dem Weg der Vorsicht zu bleiben». Aus der «Corona-Müdigkeit» dürf
e
keine Rücksichtslosigkeit werden, so Steinmeier zum RND. Er rechnet
aber nicht damit, dass noch einmal so weitgehende Einschränkungen des
öffentlichen Lebens nötig sind wie auf dem bisherigen Höhepunkt der
Krise in Deutschland. Alle wüssten, «dass ein zweiter Lockdown extrem
schädlich für die Wirtschaft wäre. Und wir dürften nicht mit
derselben Akzeptanz rechnen wie noch vor vier, fünf Monaten», sagte
Steinmeier dem RND.

Mit Blick auf die Forschung zeigte sich Steinmeier optimistisch: «Ich
finde die Meldungen über die aussichtsreiche Forschung an Impfstoffen
durchaus ermutigend», sagte er. «Es gibt Licht am Ende des Tunnels -
allerdings wissen wir nicht, wie lang die Wegstrecke dahin noch ist.»

Auch Finanzminister Olaf Scholz sieht Anlass für Zuversicht - seiner
Einschätzung nach ist der Wirtschaftseinbruch wegen der Corona-Krise
in absehbarer Zeit überwunden. «Im Augenblick spricht vieles dafür,
dass wir das Schlimmste hinter uns haben und dass es allmählich
wirtschaftlich aufwärts geht», sagte der SPD-Kanzlerkandidat der
«Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Deutschland sei natürlich no
ch
nicht über den Berg, das Virus sei noch nicht besiegt. Er hoffe aber,
«dass wir Ende nächsten Jahres, Anfang 2022 wieder das Niveau
erreichen, das wir vor der Krise hatten».

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief die Menschen derweil dazu
auf, Herbstferien und Weihnachtsurlaub in Deutschland zu verbringen.
«Das macht's uns allen, übrigens auch den Gesundheitsämtern vor Ort,

deutlich leichter», sagte er am Samstag in Berlin.