Über 90 Corona-Kundgebungen von Rechtsextremisten dominiert

Berlin (dpa) - Seit Ende April haben nach Erkenntnissen des
Bundesamtes für Verfassungsschutz bundesweit mehr als 90 Kundgebungen
gegen Corona-Maßnahmen stattgefunden, bei denen Rechtsextremisten den
Ton angaben. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine
Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt. Einer der regionalen Schwerpunkte der
oftmals nur von einigen Dutzend Teilnehmern besuchten Kundgebungen
war laut Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt. In dem östlichen
Bundesland fand demnach mehr als ein Drittel aller zwischen dem 25.
April und dem 10. August von Rechtsextremisten durchgeführten oder
dominierten Veranstaltungen statt.

Unter den Zehntausenden Demonstranten, die am letzten
August-Wochenende in Berlin gegen die Corona-Einschränkungen
protestiert hatten, waren auch größere Gruppen sogenannter
Reichsbürger mit entsprechenden T-Shirts, Transparenten, Sprechchören
und Flugblättern. Deutlich erkennbar waren auch einige kleinere
Gruppen von Rechtsextremisten und Neonazis. Unter den Teilnehmern aus
den Reihen der AfD waren auch Mandatsträger, die dem inzwischen
offiziell aufgelösten «Flügel» angehören. Die Strömung um den
Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke wird vom Verfassungsschutz als
rechtsextremistische Bestrebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln
beobachtet.

«Wurden Faschisten auf den früheren Querdenker- und Corona-Protesten
bereits geduldet, so ist es insbesondere der Reichsbürgerbewegung und
kruden Verschwörungsideologen am 29. August in Berlin gelungen, mit
ihren Fahnen, Symbolen und Losungen Teile des Aufzugs zu prägen»,
kommentierte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla
Jelpke. Dies sei «eine gefährliche Entwicklung, die von der
Bundesregierung weiterhin unterschätzt wird».