Entscheidung über Betriebsaufnahme bei Tönnies offen

Wann darf Tönnies an seinem Hauptstandort wieder
produzieren? Behörden und Experten haben ein Hygienekonzept geprüft.

Ergebnis: Noch kein grünes Licht, aber technische Vorbereitungen
laufen an.

Gütersloh (dpa) - Über die Wiederaufnahme der Produktion am
Hauptstandort des Fleischproduzenten Tönnies ist noch keine
Entscheidung gefallen. Für eine Gesamtbewertung sei es noch zu früh,
sagte die Detmolder Regierungspräsidentin Judith Pirscher (FDP) nach
Beratungen über ein Hygienekonzept des Branchenführers am Donnerstag
in Gütersloh. Nach einem Corona-Ausbruch war das Werk in
Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh geschlossen worden. Wann die
Produktion anlaufen könne, sei noch unklar. Die Stadt
Rheda-Wiedenbrück kündigte aber an, dass die technischen Dienste
ihren Betrieb nun wieder aufnehmen dürften.

«Für die schrittweise Öffnung des Unternehmens ist der Bereich
Technik essenziell wichtig zur Ausführung der vorbereitenden
Maßnahmen.» Dieser Teilbereich werde daher freigegeben, um dem
Unternehmen die Möglichkeit zu geben, weitere Maßnahmen im Rahmen des
Hygieneschutzes zu realisieren, hieß es in einer Mitteilung der
Stadt. Die Technik-Mitarbeiter und entsprechende Fachbetriebe dürften
das Betriebsgelände wieder betreten und notwendige Arbeiten
durchführen. «Darunter fallen beispielsweise das Montieren von
Schutzelementen in Kantinenbereichen und Teilen der Produktion.
Außerdem erfolgt die Installation einer neuen Filtertechnik.»

Bereits am Sonntag soll eine neue Lüftungsanlage getestet werden. Das
dient nach Angaben der Stadt dann als Bewertungsgrundlage für die
externen Experten. Ein Tönnies-Sprecher sagte der Deutschen
Presse-Agentur, man habe ein erweitertes Hygienekonzept vorgelegt,
auf dessen Grundlage die Behörden kurzfristig eine Endbewertung
vornehmen könnten. «Behörden und Unternehmen haben beide
festgehalten, alles zu tun, um den Betrieb stufenweise wieder ans
Laufen zu bekommen.» Erster konkreter Beschluss laut
Firmensprecher: Es sei festgehalten worden, «dass die Bereiche
Arbeitsschutz und Technik ab sofort wieder ihre Arbeit aufnehmen».

Die Detmolder Regierungspräsidentin sagte vor Journalisten: «Wir
haben alle ein großes gemeinsames Ziel: Sicherheit vor
Schnelligkeit». Das «zweite große Ziel» sei, dass man «gemeinsam

wieder ins Geschehen kommt». Der Bonner Wissenschaftler Martin Exner
hatte zuvor die Luftumwälzung im Werk als möglichen Faktor für die
Virusausbreitung benannt, Hochleistungsfilter und UV-Bestrahlung
empfohlen.

Nach dem Corona-Massenausbruch war das riesige Fleischwerk in
Rheda-Wiedenbrück vor drei Wochen - verfügt zunächst bis 17. Juli -
geschlossen worden. Rund 1400 Arbeiter des Werks hatten sich
nachweislich mit dem Virus infiziert. Vorübergehend waren
Einschränkungen des öffentlichen Lebens für den Kreis Gütersloh und

auch den Nachbarkreis Warendorf verhängt worden.

Außerhalb der Produktion durfte ein Teilbereich auf dem
Tönnies-Werksgelände am Donnerstag nach der Zwangspause wieder
öffnen. Eine schrittweise Wiederinbetriebnahme der Verwaltung war
zuvor genehmigt worden. Nach Tönnies-Angaben soll zunächst nur ein
kleinerer Teil der Verwaltungsmitarbeiter wieder zurückkehren, viele
seien noch in Quarantäne. Auch die Kita auf dem Werksgelände durfte
laut Stadt wieder öffnen. Diese sei von anderen Bereichen des
Betriebs getrennt, verfüge über einen externen Zugang und sei nicht
Teil der Unternehmensgruppe.

Entwarnung gab es für die Belegschaft des Fleischbetriebs Westphal im
Kreis Gütersloh: Alle nun getesteten rund 120 Mitarbeiter seien mit
negativem Befund, berichtete der Kreis am Donnerstag. Zuvor waren
einzelne Beschäftigte positiv getestet worden - daraufhin wurde die
Reihenuntersuchung vorgenommen und der Betrieb vorsorglich
ausgesetzt. Die Produktion in Herzebrock-Clarholz soll in der
nächsten Woche wieder anlaufen.

Der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer (CDU),
appellierte an die Regierungschefs derjenigen Bundesländer, die für
Einreisende aus dem Kreis Gütersloh noch Restriktionen vorsehen,
diese zügig aufzuheben. «Die Menschen aus dem Kreis Gütersloh sind
die Ausgrenzung und Stigmatisierung satt.» Die vom Robert
Koch-Institut täglich aktualisierte wichtige Infektions-Kennziffer
für den Kreis Gütersloh - also die Zahl der Neuinfektionen pro 100
000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen - liegt unter 30 und
damit deutlich unter dem kritischen Wert 50.

Unterdessen sorgte ein Fernsehteam für einen Polizeieinsatz am
Privathaus von Unternehmer Clemens Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Nach
Polizei-Angaben wird nach dem Vorfall vom Dienstag wegen
Hausfriedensbruchs ermittelt. Ein Tönnies-Sprecher sagte, es sei zu
einer «aus unserer Sicht rechtswidrigen und äußerst abstoßenden
Aktion eines Fernsehteams gekommen». Drei Personen hätten dem
Gesellschafter aufgelauert und ihn in einem Auto bis zu seinem
Wohnhaus verfolgt. «Dabei drangen sie mit ihrem Fahrzeug auch auf das
Privatgrundstück von Herrn Tönnies ein und blockierten teilweise
seinen Wagen.» Sie hätten pausenlos gefilmt. Man habe Anzeige
gestellt wegen Hausfriedensbruch und Nötigung.