Weniger Firmenpleiten im April - Corona-Pause wirksam

Trotz der Viruskrise gibt es im Moment vergleichsweise wenige
Firmenpleiten in Deutschland. Das sei aber nur die Ruhe vor dem
Sturm, warnen Experten - und empfehlen eine Gegenstrategie.

Wiesbaden (dpa) - Trotz fortschreitender Corona-Krise sind im April
weniger Firmen in Deutschland in die Pleite gerutscht als ein Jahr
zuvor. Insgesamt 1465 Fälle meldeten die Amtsgerichte nach Angaben
des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag. Das waren 13,3 Prozent
weniger als im gleichen Vorjahresmonat.

Ein wichtiger Grund für den Rückgang ist aber, dass die
Insolvenzantragspflicht für Unternehmen seit dem 1. März 2020
ausgesetzt ist. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch die
Pandemie spiegeln sich somit bislang nicht in den Daten wider,
folgern die Statistiker. Zudem kann die Bearbeitung von Anträgen bei
den zuständigen Gerichten derzeit länger dauern, weil auch dort der
Betrieb nur eingeschränkt läuft.

Etliche Ökonomen rechnen für das Gesamtjahr mit einem spürbaren
Anstieg der Firmenpleiten. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen
Wirtschaft (IW) etwa warnte vor einer Insolvenzwelle im Herbst, die
auch den Bankensektor bedrohen könne. Im Fall eines verzögerten
Wiederaufschwungs könnten die Insolvenzzahlen um bis zu 30 Prozent
zulegen, heißt es in einer Bewertung vom Donnerstag.

Anstelle von noch größeren Notkrediten sollten rückzahlbare
Liquiditätshilfen unter bestimmten Bedingungen in Zuschüsse gewandelt
werden, schlug IW-Ökonom Klaus-Heiner Röhl vor. Denkbar wäre dies
beispielsweise bei Firmen, die Berufseinsteiger oder Auszubildende
einstellen oder in Digitalisierung und Umweltschutz investieren.

Im April gab es die meisten Firmenpleiten im Baugewerbe mit 249
Fällen. Handelsunternehmen einschließlich Kfz-Werkstätten stellten
231 Insolvenzanträge, im Gastgewerbe waren es 159. Im Schnitt waren
die Betriebe größer als vor einem Jahr, denn die Forderungen der
Gläubiger lagen mit knapp 3,2 Milliarden Euro deutlich über der Summe
des Vorjahresmonats (1,7 Mrd Euro).

Trotz der geringeren Pleitezahlen stiegen bei der Bundesagentur
für Arbeit die Ausgaben für die von den Insolvenzen betroffenen
Arbeitnehmer. Für das Insolvenzgeld wurden nach älteren Angaben im
ersten Halbjahr 492 Millionen Euro aufgewendet. Das waren 3,6 Prozent
mehr als im Haushalt angesetzt.

Die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren in Deutschland nahm
im Juni wie auch schon im Mai weiter ab. Auf der Grundlage
vorläufiger Angaben sank sie im Juni um 8,6 Prozent in der
Jahresfrist.