USA verzeichnen erstmals mehr als 60 000 Corona-Neuinfektionen am Tag

Die USA bekommen die Corona-Krise nicht in den Griff. Einem Modell
zufolge drohen in dem Land bis zum Herbst Zehntausende weitere Tote.
Präsident Trump will dennoch mit aller Macht zurück zur Normalität -

auch beim Schulbetrieb.

Washington (dpa) - Die USA haben erstmals seit Beginn der
Corona-Pandemie mehr als 60 000 Neuinfektionen an einem einzelnen Tag
verzeichnet. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität (JHU) vom
Mittwoch lag die Zahl der am Vortag registrierten Neuansteckungen bei
60 021. Den zuvor höchsten Wert verzeichnete JHU mit gut 54 000
Fällen am vergangenen Donnerstag. Bis November könnten nach einem
weithin beachteten Modell des Instituts IHME der Universität
Washington in Seattle in den USA insgesamt rund 208 000 Menschen nach
einer Infektion mit dem Coronavirus sterben.

Der deutliche Anstieg der täglichen Fallzahl könnte auch auf eine
verzögerte Meldung von Fällen nach dem langen Feiertags-Wochenende
zurückzuführen sein, am Vortag waren noch rund 45 000 Neuinfektionen
registriert worden. Das gilt auch für die Zahl der Toten, die am
Dienstag der JHU zufolge sprunghaft von 325 auf 1195 anstieg.

Insgesamt liegt die Zahl der Toten infolge einer Covid-19-Erkrankung
in den USA inzwischen bei mehr als 130 000. Seit Beginn der Pandemie
wurden in den Vereinigten Staaten der JHU-Statistik zufolge mehr als
drei Millionen Infektionen mit dem Coronavirus verzeichnet. Die Zahl
der Neuansteckungen in den USA, einem Land mit rund 330 Millionen
Einwohnern, ist seit Mitte Juni im Zuge der Lockerung der
Corona-Auflagen dramatisch angestiegen - vor allem in den
Bundesstaaten Florida, Texas, Georgia, Arizona und Kalifornien.

Trotz der dramatisch hohen Fallzahlen dringt US-Präsident Donald
Trump auf eine Öffnung der Schulen im Land nach den Sommerferien.
«Wir werden Druck auf die Gouverneure (der Bundesstaaten) und alle
anderen ausüben, die Schulen zu öffnen», sagte Trump am Dienstag
(Ortszeit) bei einem Runden Tisch zu dem Thema im Weißen Haus. Der
Republikaner warnte davor, Schulen aus politischen Erwägungen
geschlossen zu halten. Er spielte damit auf demokratische Gouverneure
von Bundesstaaten an, die sich in großer Zahl gegen Trumps Druck für
eine schnelle Rückkehr zur Normalität wehren.

Trump schrieb am Mittwoch auf Twitter: «Die Demokraten denken, es
wäre für sie politisch schlecht, wenn die US-Schulen vor der Wahl im
November öffnen, aber es ist wichtig für die Kinder und Familien.» Er

drohte Bundesstaaten im Fall von weiterhin geschlossenen Schulen mit
einem Entzug von Bundesmitteln, ohne dabei ins Detail zu gehen. Trump
schrieb weiter, in Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden und
vielen anderen Ländern hätten Schulen ohne Probleme geöffnet. Der
Präsident teilte außerdem mit, er stimme mit den «sehr strengen und
teuren Richtlinien» der Gesundheitsbehörde CDC nicht überein.

Trump schloss am Dienstag einen erneuten Lockdown wegen der Pandemie
aus. «Wir bleiben offen, wir schließen nicht.» Der Präsident betont
e,
die Zahl der Todesfälle habe deutlich abgenommen - das ist im
Vergleich zum Höhepunkt der Krise richtig. Allerdings sagte er auch,
dass die Sterblichkeitsrate in den USA «die niedrigste auf der Welt»
sei, was nicht stimmt. Am Mittwoch relativierte er auf Twitter, die
Sterblichkeitsrate in den USA gehöre zu den niedrigsten weltweit.
Nach JHU-Daten haben unter den 20 am schwersten von der Pandemie
betroffenen Ländern 13 eine niedrigere Sterblichkeitsrate pro 100
bestätigter Corona-Infektionen als die USA.

Trump übte scharfe Kritik an der US-Eliteuniversität Harvard, die
zuvor mitgeteilt hatte, wegen des Coronavirus im Wintersemester alle
Vorlesungen online abzuhalten. «Ich denke, dass sie es sich leicht
machen, und ich denke, sie sollten sich schämen», sagte Trump. Die
US-Einwanderungsbehörde ICE hatte am Montag mitgeteilt, ausländische
Studierende an US-Universitäten, die im Wintersemester wegen des
Coronavirus ausschließlich Online-Kurse anbieten, müssten das Land
verlassen oder an Hochschulen mit persönlichen Vorlesungen wechseln.

Harvard kündigte am Mittwoch an, gemeinsam mit der
US-Eliteuniversitäten MIT juristisch gegen die Regelung vorzugehen.
Die beiden Hochschulen hätten beim Bundesgericht in Boston den Erlass
einer einstweiligen Verfügung beantragt, teilte die Universität
Harvard im Bostoner Vorort Cambridge am Mittwoch mit. Harvards
Präsident Lawrence Bacow kritisierte, die Regelung erwecke den
Eindruck, als wolle die Regierung Druck auf Universitäten ausüben,
die Lehrsäle ohne Rücksicht auf Gesundheitsbedenken wieder zu öffnen.