Dramatische Situation: Hohe Verluste wegen Corona bei Bädern erwartet

Freibäder leiden besonders unter der Corona-Pandemie. Die
Abstandsregeln erlauben nur eine gewisse Auslastung - die Kosten
bleiben aber gleich. Die Betreiber rechnen mit großen Verlusten. Ist
Corona ein Freibäder-Killer?

Stuttgart (dpa/lsw) - Weil sie durch die Pandemie mehr Aufwand, aber
weniger Ertrag haben, rechnen kommunale Badbetreiber im Südwesten mit
erheblichen finanziellen Defiziten. In dieser Saison könnten
zusätzlich zu den üblichen Einbußen noch Verluste zwischen 100 000
und 150 000 Euro pro Bad die Folge sein, wie die Landesgruppe
Baden-Württemberg des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) am
Mittwoch mitteilte. Wegen Abstands- und Hygieneregeln dürfen weniger
Gäste in die Bäder. Zusätzlich gebe es höhere Personalkosten, um di
e
Regeln umzusetzen.

Seit rund einem Monat dürfen Freibäder im Südwesten unter Auflagen
wieder öffnen. Der Einnahmenverlust falle mancherorts noch höher aus,
weil viele Baden-Württemberger sich zurückhaltend zeigten und den
Bädern fernblieben, erklärte die VKU-Landesgruppe. Nach Schätzungen
der Betreiber ist nur ein Drittel der jeweils erlaubten Kapazität
bisher ausgelastet. Manche Betreiber haben wegen des damit
verbundenen Mehraufwands erst gar nicht aufgemacht. Die
VKU-Landesgruppe appellierte an die Landesregierung, die Badbetreiber
finanziell zu unterstützen.

Auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft rief die Politik dazu
auf, die Kommunen beim Erhalt der Bäder zu unterstützen. «Die
Situation in der Bäderlandschaft ist ohnehin schon dramatisch», sagte
DLRG-Sprecher Martin Holzhause. Die Zahl der Bäder sinke bundesweit -
Freibäder seien davon überproportional betroffen. Die Menschen
suchten sich gefährlichere Alternativen zum Baden wie Flüsse, Kanäle

und Badeseen. Diese Gewässer würden oft nicht von Rettungsschwimmern
überwacht. Die Gefahr, dass Menschen dort sterben, steige damit.

Bäder hätten aber auch einen sozialen Nutzen, sagte der Vorsitzende
des Landesverbands Deutscher Schwimmmeister, Edgar Koslowski. Sie
seien auch für die Gesundheit der Bevölkerung und den Tourismus
wichtig. Kinder würden darin auch Schwimmen lernen, ergänzte
Holzhause. «Und auch Rettungsschwimmer werden in Bädern ausgebildet.»


Ob die Corona-Pandemie für manche Bäder das Aus bedeutet, könne man
nicht sagen, hieß es vom Städtetag Baden-Württemberg. «Bäder sind

keine Pflichtaufgabe der Kommunen, also werden sie bei knapper
Kassenlage möglicherweise als Erstes auf den Prüfstand gestellt»,
sagte eine Sprecherin. Das sei aber noch nicht absehbar, und eine
Aussage dazu wäre nach ihren Worten «Glaskugelleserei».

Auch ein Sprecher der VKU-Landesgruppe räumte ein: «Fakt ist: Der
Betrieb von kommunalen Bädern ist ein Verlustgeschäft.» Die Höhe de
s
Verlusts, der manchmal im Millionenbereich liegen könne, variiere von
Bad zu Bad und werde durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Im
Durchschnitt liege der Kostendeckungsgrad eines Bades bei 60 Prozent,
der Rest werde auf andere Art ausgeglichen. «Stand heute fallen diese
finanziellen Verluste in diesem Jahr noch einmal höher aus.»

In Baden-Württemberg sind 199 kommunale Unternehmen im VKU
organisiert, darunter sind mindestens 48 Bäder.