Scholz ruft EU zu Kompromissbereitschaft bei Wiederaufbauplan auf

Berlin (dpa) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat die EU-Staaten
dazu aufgerufen, bei den Verhandlungen über den europäischen
Wiederaufbauplan ihre jeweiligen roten Linien zu hinterfragen.
«Deutschland ist bereit, Brücken zu bauen. Gleichzeitig sind wir auf
die Kompromissbereitschaft und den politischen Mut aller
Mitgliedstaaten angewiesen», schrieb der SPD-Politiker in einem
Gastbeitrag für die «Welt» (Mittwoch). «Jeder wird seine bisherigen

roten Linien hinterfragen müssen.» Ende der Woche steht das erste
Treffen der EU-Finanzminister unter deutscher Ratspräsidentschaft an.

Wie in Deutschland sollen auch auf EU-Ebene milliardenschwere
Hilfsprogramme die Folgen der dramatischen Rezession wegen der
Corona-Krise dämpfen. So hatte die EU-Kommission ein Programm zur
wirtschaftlichen Erholung im Umfang von 750 Milliarden Euro
vorgeschlagen, davon 500 Milliarden Euro als Zuschüsse an EU-Staaten.
Der Wiederaufbauplan soll in den nächsten siebenjährigen
EU-Haushaltsrahmen eingebettet werden, für den noch einmal rund 1,1
Billionen Euro vorgesehen sind. Die Einzelheiten sind jedoch sehr
umstritten, und beschlossen ist noch nichts.

Scholz warb dafür, die Mittel als Investitionen einzusetzen, «um
unsere Volkswirtschaften wettbewerbsfähiger, widerstandskräftiger und
ökologischer aufzustellen» - nur dann erreiche man «die Zustimmung

der Bürgerinnen und Bürger überall in Europa». «In einem
partnerschaftlichen Ansatz müssen wir die gemeinsam identifizierten
Reformbaustellen angehen, die es in jedem unserer Länder gibt»,
forderte der Vizekanzler. «Hierzu gehört auch die Modernisierung des
EU-Haushalts, der künftig einen größeren Beitrag zur erfolgreichen
klimafreundlichen und digitalen Transformation unserer
Volkswirtschaften leisten muss.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen wollen bei einem
Gipfel am 17. und 18. Juli einen Kompromiss zum Wiederaufbauplan
suchen. Die EU-Kommission fordert Tempo, um die Hilfen rasch an den
Start zu bekommen.