Der «Tropen-Trump» und das Virus: Bolsonaro mit Corona infiziert Von Denis Düttmann, dpa

Brasilien ist mittlerweile ein Hotspot der Corona-Pandemie mit mehr
als 1,6 Millionen Infizierten. Der rechte Staatschef verharmloste das
Virus stets als «leichte Grippe» und trug bei öffentlichen Auftritten

selten eine Maske. Jetzt hat sich Bolsonaro selbst infiziert.

Brasília (dpa) - Seit Monaten hat er sein Schicksal herausgefordert,
jetzt hat es Jair Bolsonaro erwischt: Der brasilianische Präsident
hat sich mit dem Coronavirus infiziert. «Das Testergebnis ist
positiv», sagte er am Dienstag vor Journalisten. «Ich fühle mich
vollkommen gut. Ich habe sogar Lust, spazieren zu gehen, aber auf
ärztliche Empfehlung hin werde ich das nicht tun.»

Am Tag zuvor hatte der Staatschef über Fieber und Gliederschmerzen
geklagt. Daraufhin sagte er einige Termine ab und machte in einem
Militärkrankenhaus in der Hauptstadt Brasília einen Coronatest. Nach
dem positiven Ergebnis will Bolsonaro nun das umstrittene Mittel
Hydroxychloroquin einnehmen. Die Wirksamkeit des Malaria-Mittels
gegen die Lungenerkrankung Covid-19 ist bislang nicht bewiesen. Genau
wie sein Vorbild in Washington hält auch der «Tropen-Trump» das
Medikament aber für ein Wundermittel.

Brasilien ist neben den USA derzeit einer der Brennpunkte der
Corona-Pandemie. Bislang haben sich in dem größten Land
Lateinamerikas 1,6 Millionen Menschen nachweislich mit dem
Coronavirus infiziert, 65 487 Patienten sind im Zusammenhang mit der
Lungenkrankheit Covid-19 gestorben. Experten gehen davon aus, dass
die tatsächlichen Zahlen noch deutlich höher liegen, da in Brasilien
nur recht wenig getestet wird.

«Ich hoffe, dass sich der Präsident vom Coronavirus erholt, damit er
Rechenschaft über seine Aktionen während der Pandemie ablegen kann»,

schrieb der Politologe Maurício Santoro von der Universität Rio de
Janeiro auf Twitter. «Die Zehntausenden Toten und ihre Angehörigen
verdienen diese Geste des Respekts.»

Die brasilianische Regierung hat die Pandemie von Anfang an
heruntergespielt. Bolsonaro selbst bezeichnete das Coronavirus immer
wieder als «leichte Grippe» und stemmte sich gegen Schutzmaßnahmen.
Immer wieder zeigte er sich ohne Mundschutz in der Öffentlichkeit,
ließ sich von seinen Fans feiern, löste Massenaufläufe aus und machte

Selfies mit Anhängern.

«In meinem speziellen Fall, aufgrund meines sportlichen Hintergrunds,
müsste ich mir keine Sorgen machen, wenn ich mit dem Virus infiziert
wäre», sagte er einmal. Tatsächlich war Bolsonaro in seiner
Militärzeit ein guter Fünfkämpfer. Mit 65 Jahren gehört er
mittlerweile allerdings zur Risikogruppe. Zudem war er in den
vergangenen Jahren mehrfach operiert worden, nachdem er während des
Wahlkampfs 2018 von einem Attentäter schwer mit einem Messer verletzt
worden war.

Auch am Wochenende war Bolsonaro wieder viel unter Menschen,
teilweise ohne Maske: Am Samstag nahm er gemeinsam mit mehreren
Ministern und einem seiner Söhne an einem Essen anlässlich des
amerikanischen Unabhängigkeitstages in der US-Botschaft teil. Zudem
flog er in den Bundesstaat Santa Catarina, um sich nach den schweren
Unwettern ein Bild der Lage zu machen.

Im Streit um den richtigen Umgang mit der Pandemie warfen bereits
zwei Gesundheitsminister das Handtuch. Zuletzt legte Bolsonaro sein
Veto gegen eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen wie Kirchen,
Geschäften und Schulen ein. Der rechte Staatschef fürchtete vor allem
die wirtschaftlichen Schäden eines Lockdowns. «Das Leben geht weiter.
Brasilien muss produzieren», sagte er am Dienstag. «Müssen wir uns
wegen des Virus Sorgen machen? Ja. Aber auch wegen der
Arbeitslosigkeit, die es ebenfalls gibt.»

Zwar haben eine Reihe von Bundesstaaten und Städten auf eigene Faust
Schutzmaßnahmen ergriffen, allerdings werden die Einschränkungen an
vielen Orten bereits wieder gelockert. In der Millionenmetropole Rio
de Janeiro etwa öffneten sogar Restaurants und Bars wieder, auf der
Strandpromenade an der Copacabana tummeln sich bereits wieder
zahlreiche Menschen.