Handelskammer will Hamburgs Stadtteilzentren aufhübschen lassen Von Christiane Bosch, dpa

Die Corona-Krise hat den Einzelhandel enorm geschwächt. Nicht wenige
Geschäfte haben die Pandemie nicht überlebt, in der Innenstadt fehlen
Touristen. Und trotzdem haben die Stadtteilzentren Hamburgs auch ein
bisschen gewonnen. Nun soll ihr Charme noch erhöht werden.

Hamburg (dpa/lno) - Ein schöner gepflegter Platz zum Verweilen, viele
Geschäfte in der Nähe, kaum Laden-Leerstand und gemütliche Cafés un
d
Restaurants - mit diesem Ambiente können Stadtteilzentren auch
jenseits der Hamburger Innenstadt viele Menschen zum Einkaufen und
Verweilen anlocken. In der Hansestadt gibt es bereits seit vielen
Jahren den Wunsch, diese sogenannten Quartiere aufzuhübschen. «Die
Quartiere sind nicht vernachlässigt worden, aber es gibt noch
genügend Plätze, die seit 60 Jahren nicht gestaltet wurden. Da ist
noch Luft nach oben. Orte mit Potenzial haben wir überall in der
Stadt», sagte Heiner Schote, der stellvertretende Geschäftsführer der

Handelskammer Hamburg der Deutschen Presse-Agentur. Damit diese
Plätze neben der Innenstadt zu kleinen Schätzen des jeweiligen
Bezirks werden und so viel Kaufkraft in die Quartiere bringen können,
muss Geld in die Hand genommen werden. Das sagt die Handelskammer und
hat dieses Vorhaben mit konkreten Forderungen an die Stadt verknüpft.

So fordert sie vom Senat ein 50 Millionen schweres
Investitionsprogramm. Damit sollen die Aufenthaltsqualität in den
Quartieren verbessert werden und Plätze und öffentliche Räume
ausgebaut und modernisiert werden, wie Handelskammer-Präses Norbert
Aust am Dienstag in Hamburg sagte. Für die Innenstadt sollen nach dem
Willen der Handelskammer weitere 50 Millionen Euro dazukommen. Von
diesem 100-Millionen-Euro-Programm würden nicht nur der Einzelhandel,
sondern auch die Gastronomie profitieren, so Aust weiter.

Doch Geld allein reicht nicht, ist die Handelskammer überzeugt. Um
die Entwicklung der Stadtteilzentren professionell vorantreiben zu
können, seien zudem gute Quartiersmanager nötig. Für sie fallen
jährlich Kosten von jeweils etwa 200 000 Euro an, wie Aust weiter
sagte. Bislang übernehmen die Unternehmen vor Ort diese Ausgaben. In
Zeiten der Corona-Krise, in denen viele Händler enorme Umsatzeinbußen
hinnehmen müssen, fordert die Handelskammer nun, dass sich die Stadt
dauerhaft zu einem Drittel daran beteiligt. Das sind je 60 000 Euro
pro Quartier und Jahr.

Quartiersmanager gelten als wichtigstes Bindeglied zwischen
Einzelhändlern, Investoren, Bezirksämtern und Anwohnern. «Man braucht

viel Gespür und Verständnis für alle Seiten», sagte Melanie-Gitte
Lansmann. Sie ist Citymanagerin in Harburg und kann dort den
Marktplatz Sand als neues Vorzeigeprojekt vorweisen. Der wurde als
zentraler Platz in der Harburger Innenstadt - von Stadt und Anliegern
finanziert - komplett neu gestaltet. Eine Win-Win-Situation für
Anwohner und Händler. Gelungen ist das auch, weil Lansmann seit 14
Jahren für ihr Quartier kämpft und unglaublich gut vernetzt ist. «Man

ist wie eine Krake mit 1000 Armen in alle Richtungen», sagte sie
dazu.

Um dieses hauptamtliche Engagement in allen sieben Bezirken dauerhaft
zu ermöglichen, soll die Stadt nun jährlich 240 000 Euro zahlen. Ob
es dazu kommt, ist unklar. Der Wirtschaftssenator Michael
Westhagemann (parteilos) habe das Standpunktepapier der Handelskammer
am Montagabend zumindest schon mal entgegengenommen, so Präses Aust.

Darin wird der Senator auch eine weitere wichtige Forderung lesen:
Die coronabedingt ausgefallene Sonntagsöffnung vom 5. April soll in
der Weihnachtszeit nachgeholt werden, um die massiven
wirtschaftlichen Einbußen dieses Frühjahrs wenigstens teilweise
ausgleichen zu können. Obwohl seit der Öffnung der Geschäfte im Mai
Umsatz und Frequenz in der Innenstadt wieder langsam gestiegen sind,
liegen die Zahlen noch immer etwa 40 Prozent unter denen des
Vorjahres.

Bei den Quartieren sieht es der Handelskammer zufolge dank des
monatelangen Homeoffices vieler Menschen weniger dramatisch aus. Die
Leute seien eben häufiger dort einkaufen und essen gegangen, wo sie
auch wohnen, so Schote von der Handelskammer. Dennoch gibt es auch in
den Stadtteilzentren das Problem von zunehmenden Leerständen - was
die Corona-Krise noch verstärkt habe, wie Präses Aust weiter sagte.
«Wir müssen ein bisschen dagegen wirken, damit die Aufenthalts- und
Lebensqualität auch in den Quartieren beibehalten wird.» Damit die
derzeitige Tendenz der Leute, sich in den Stadtteilzentren
aufzuhalten, dort einzukaufen, Essen zu gehen, nach der Krise nicht
wieder verloren gehe.