Medizin gepanscht - Urteil gegen Apotheker rechtskräftig

Aus Habgier hat ein Apotheker aus Bottrop laut Gerichtsurteil
jahrelang Krebsmedikamente für Schwerkranke gepanscht. Gegen seine
Verurteilung zu zwölf Jahren Haft legte er Revision beim BGH ein -
weitestgehend erfolglos.

Karlsruhe/Bottrop (dpa/lnw) - Im Skandal um jahrelang gepanschte
Medikamente hat der Bundesgerichtshof die Haftstrafe gegen einen
Apotheker aus dem Ruhrgebiet bestätigt. Der BGH in Karlsruhe lehnte
die Revision des Mannes als unbegründet ab, wie er am Dienstag
mitteilte. Das Urteil des Essener Landgerichts vom Juli 2018 gegen
den damals 48-jährigen Apotheker aus Bottrop ist damit rechtskräftig.
Wegen Tausender unterdosierter Krebsmedikamente zwischen 2012 und
2016 hatte Peter S. eine Haftstrafe von zwölf Jahren erhalten. Dem
Landgericht zufolge streckte er die lebenswichtige Medizin seiner
Patienten aus Habgier.

Zudem bleibt es bei dem verhängten lebenslangen Berufsverbot gegen
den Mann, der seit Ende 2016 in Untersuchungshaft sitzt. Den Schaden
für die Krankenkassen hatte das Essener Landgericht auf 17 Millionen
Euro beziffert, dieser «Wertersatzbetrag» sollte aus dem Vermögen des

Angeklagten eingezogen werden. Nur in diesem Punkt sprach das BGH nun
von einem «geringfügigen Teilerfolg»: Die Revision werde «mit der
Maßgabe als unbegründet verworfen», dass statt der 17 Millionen Euro

die Einziehung von «Taterträgen» in Höhe von 13,6 Millionen Euro
anzuordnen sei.

In einem der größten Medizinskandale der vergangenen Jahre ging es um
lebenswichtige Arzneimittel. In mindestens 14 500 Fällen seien die
Zubereitungen unterdosiert gewesen. Der Apotheker habe mit den
rechtswidrig erworbenen Millionen seinen luxuriösen Lebensstil
finanziert. Peter S. hatte sich im Prozessverlauf nicht zu den
Vorwürfen geäußert. Zahlreiche Patienten und Angehörige waren als
Nebenkläger aufgetreten. Der Skandal war von zwei Mitarbeitern
aufgedeckt worden.

Zudem gibt es gegen Peter S. Schmerzensgeldforderungen. Ein für Juni
2019 angesetzter erster Prozesstermin - eine ehemalige Krebspatientin
verlangte 15 000 Euro Schmerzensgeld - war allerdings aufgehoben
worden. Grund: Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen den
wegen Betrugs und vorsätzlichen Verstoßes gegen das
Arzneimittelgesetz verurteilten Mannes. Alle Schmerzensgeldverfahren
seien unterbrochen, hatte das Landgericht mitgeteilt. Die Betroffenen
müssten ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden.

Zu den Folgen der unterdosierten Chemotherapien für die Patienten
hatte das Verfahren in Essen damals keine sicheren Erkenntnisse
erbracht. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte dazu
später eine Vergleichsstudie angekündigt.

Nach dem strafrechtlichen Abschluss des Falls mahnte der Vorsitzende
der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, eine bessere
Aufsicht an: Die rund 200 Spezialapotheken in Deutschland, die
Krebsmittel selbst individuell für Patienten herstellen, würden
derzeit allein von teils ehrenamtlich tätigen Amtsapothekern
kontrolliert. Hier müssten die Bundesländer dringend nachsteuern, um
einen besseren Patientenschutz zu gewährleisten, sagte Brysch der
dpa.