Bundeswehr testet Diensthunde als Corona-Schnüffler Von Jens Albes, dpa

Die Bundeswehr bildet Sprengstoff- und Minenspürhunde aus. Die
Vierbeiner können aber auch Krebs erschnüffeln. Eine Corona-Infektion
auch?

Ulmen/Hannover (dpa) - Auf Befehl läuft Donnie in der Halle los. Der
Belgische Schäferhund schnüffelt alles ab, was ihm vor die Nase
kommt. Schließlich steckt er sie in eine Öffnung mit einer
Geruchsprobe und verharrt sekundenlang. Dafür bekommt er eine
Belohnung, einen gelben Spielball.

So schildert die Bundeswehr eine Szene in ihrer deutschlandweit
einzigen Diensthundeschule bei Ulmen in der Vulkaneifel. Donnie ist
Teilnehmer eines Forschungsprojekts in Zusammenarbeit mit der
Stiftung Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover. Dieses soll
zeigen, ob die Diensthunde der Bundeswehr eine Infektion mit dem
Coronavirus am Geruch von Speichelproben erkennen können.

Spürhunde können an der molekularen Zusammensetzung eines Geruchs
nicht nur Sprengstoffe oder Drogen wahrnehmen, sondern auch die
drohende Unterzuckerung von Diabetikern und verschiedene
Krebserkrankungen an der Atemluft eines Patienten erschnuppern.

Auf dieser Grundlage ist auch das Corona-Projekt entstanden. Die Idee
dahinter ist, dass die Hunde möglicherweise bestimmte Komponenten im
Speichel-Geruch eines Infizierten wahrnemen können, die bei einem
Nicht-Infizierten nicht vorliegen.

Der dreijährige Donnie ist einer von zehn Hunden der Bundeswehr, die
das Aufspüren einer Corona-Infektion lernen sollen. Ausgebildet
werden dazu Schäferhunde, Spaniel und Retriever, wie die
Diensthundeschule mitteilt. Die Vierbeiner sind vielseitig: Donnie
ist zum Beispiel schon ausgebildeter Schutzdienst- und
Sprengstoffspürhund.

«Mit einer Trefferquote von derzeit etwa 80 Prozent sind die Forscher
in Ulmen auf dem besten Weg, das Projekt erfolgreich weiterzuführen»,
erklärt die mitten im Wald liegende Diensthundeschule. In wenigen
Wochen sollen belastbare Ergebnisse vorliegen. Auch in anderen
Ländern wie den USA, Finnland und Großbritannien werden Hunde darauf

trainiert, eine Infektion mit Sars-COV-2 zu erkennen. Neben
Speichelproben gibt es auch Tests mit Urin und Schweiß - teils mit
ermutigenden Ergebnissen.

Bislang schnuppern die Bundeswehr-Hunde an Speichelproben infizierter
Menschen, in denen die Viren chemisch unschädlich gemacht wurden.
Nach einem erfolgreichen Abschluss dieser Versuchsreihe käme die
nächste Hürde: Klappt das Erschnüffeln auch bei aktiven Coronaviren
in menschlichem Speichel? «Das muss dann unter ganz anderen
Bedingungen stattfinden, schließlich müssen wir sicher sein, dass
sich niemand an den hochinfektiösen Proben anstecken kann», betont
TiHo-Doktorandin Paula Jendrny.

Es ist also noch ein langer Weg, bis Vierbeiner der Bundeswehr
vollständig als Corona-Spürhunde einsatzfähig sein könnten. Dann wi
rd
laut der Diensthundeschule «eine Diskussion nötig sein, in welchen
zivilen und militärischen Bereichen diese Hunde ihren Dienst
verrichten sollen».

Um eine Infektion mit Sars-CoV-2 frühzeitig und eindeutig
nachzuweisen, ist es in Deutschland gängige Praxis, Proben aus den
Atemwegen eines möglicherweise Infizierten auf Viren-Erbgut zu
analysieren.

Andere Aufgaben haben die bellenden Helfer der Bundeswehr schon seit
Jahrzehnten: Die Streitkräfte setzen sie als Schutz-, Sprengstoff-,
Rauschgift-, Minen- und Kampfmittelspürhunde ein. Auch im Ausland,
etwa in Afghanistan und Mali.

Laut Hauptmann Daniel Remus von der Diensthundeschule hat die
Bundeswehr rund 300 Vierbeiner weltweit im Einsatz. Diese können auf
Befehl zupacken. Und sie haben eine viel feinere Nase als ihre
Spezialhundeführer, bei denen sie Tag und Nacht leben. Ob sie fein
genug für eine Coronavirus-Infektion ist, wird sich herausstellen.