Altmaier bleibt optimistisch - Wirtschaft in Alarmstimmung

Hat die deutsche Wirtschaft in der Corona-Krise das Schlimmste
überstanden? Erste Anzeichen für eine Erholung machen Hoffnung.

Berlin (dpa) - Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bleibt
optimistisch, dass die beispiellose Corona-Rezession bald vorüber
ist. Allerdings ist die Wirtschaft angesichts knapper Firmenkassen
immer noch in Alarmstimmung. Viele Unternehmen in Deutschland haben
nach Darstellung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags
infolge der Corona-Krise nach wie vor akute Liquiditätsengpässe. Es
sei deshalb für viele Betriebe vordringlich, Überbrückungshilfen
schnell und möglichst unbürokratisch zu erhalten, sagte
DIHK-Präsident Eric Schweitzer der Deutschen Presse-Agentur. Die
Beantragung solle in der kommenden Woche über ein zentrales Portal
möglich sein.

Die Bundesregierung hatte ergänzend zu bestehenden Hilfsprogrammen
wie Sonderkrediten zusätzliche Milliardenhilfen für kleine und
mittelständische Firmen auf den Weg gebracht, die von der
Corona-Krise besonders betroffen sind. Erstattet werden fixe
Betriebskosten bis zu einem Betrag von 150 000 Euro. Die
Überbrückungshilfe soll für die Monate Juni bis August gewährt werd
en
- für Branchen wie das Hotel- und Gaststättengewerbe, Clubs und Bars,
Reisebüros und Schausteller.

Es komme darauf an, dass die konkrete Bearbeitung der Anträge und die
rückwirkende Auszahlung der Zuschüsse in allen Bundesländern
reibungslos erfolge, so Schweitzer. «Denn es gibt noch immer
Unternehmen mit Umsätzen nahe Null, etwa die Veranstalter von Messen
und Konzerten, Schausteller oder Busunternehmen, für die es um das
wirtschaftliche Überleben geht.»

Die Zuschüsse seien bislang auf die Monate Juni bis August befristet.
«Wir werden daher schon bald bewerten müssen, ob das für manche
Bereiche der Wirtschaft nicht doch zu kurz greift. Nicht nur für
große Unternehmen, sondern auch für viele größere Mittelständler

müssen wir zudem weiter an Maßnahmen zur Unterstützung des
Eigenkapitals arbeiten.»

Nach Einschätzung von Altmaier könnte der wirtschaftliche Abschwung
in der Corona-Pandemie noch im Herbst ein Ende haben. «Ich bin mir
sicher, dass wir den Abschwung unserer Wirtschaft nach der
Sommerpause stoppen können und spätestens ab Oktober die Wirtschaft
in Deutschland wieder wächst», sagte der CDU-Politiker der «Bild am
Sonntag». Zwar werde die deutsche Wirtschaft 2020 um sechs Prozent
schrumpfen, so der Minister. Für 2021 rechne er aber mit einem
Wachstum von mehr als fünf Prozent.

Zuversichtlich zeigte sich Altmaier auch mit Blick auf die
Entwicklung des Arbeitsmarktes. Hier erwarte er eine Verbesserung ab
November. «Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Jahr bis etwa
Oktober den Höchststand der Arbeitslosenzahlen durch Corona erleben
werden. Ab November können sie wieder langsam zurückgehen», sagte der

Wirtschaftsminister der Zeitung. Als Ziel nannte Altmaier, bis 2022
den Beschäftigungsstand von vor der Krise wieder zu erreichen.

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder rechnet indes damit, dass weitere
Konjunkturhilfen nötig werden - nochmal eine Neuverschuldung von 218
Miliarden Euro wird aus seiner Sicht aber nicht zu stemmen sein. «Ich
gehe davon aus, dass wir die Kurzarbeit verlängern müssen», sagte der

bayerische Ministerpräsident dem Berliner «Tagesspiegel» (Sonntag).
Wenn die Mehrwertsteuersenkung Ende des Jahres auslaufe, setzt
anschließend die Senkung des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der

Zahler ein. «Wir müssen aber schauen, ob die Mehrwertsteuersenkung in
der Kürze der Zeit wirkt. Wir werden auch noch einmal über eine
Senkung von Unternehmens- und Energiesteuern reden müssen», sagte
Söder.

Auch die «Wirtschaftsweisen» sehen nach ihrem Ende Juni vorgelegten
Gutachten gute Chancen für einen Aufschwung im nächsten Jahr. Der
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung geht davon aus, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt
(BIP) 2020 um 6,5 Prozent schrumpfen wird. Damit reihte sich das
Gremium ein in eine Reihe düsterer Vorhersagen. In der weltweiten
Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 war das deutsche BIP um 5,7 Prozent
zurückgegangen. Wie viele andere Ökonomen, Institute und Verbände
sind aber auch die «Wirtschaftsweisen» zuversichtlich, dass Europas
größte Volkswirtschaft schon im nächsten Jahr wieder auf
Wachstumskurs zurückkehren wird. Für das Jahr 2021 prognostiziert der
Sachverständigenrat 4,9 Prozent Wachstum. Allerdings: «Eine Rückkehr

auf das Niveau des BIP vor der Pandemie ist nicht vor dem Jahr 2022
zu erwarten.»

Die Corona-Rezession hatte im ersten Quartal mit einem Rückgang der
Wirtschaftsleistung von 2,2 Prozent zum Vorquartal ihren Anfang
genommen. Für das zweite Quartal wird ein deutlich heftigerer
Einbruch um rund 10 Prozent erwartet, bevor im dritten Quartal wieder
ein Wachstum der Wirtschaftsleistung prognostiziert wird.