Nächste Corona-Lockerungen in New York - und wann kommen Touristen? Von Christina Horsten, dpa

New York war in den USA lange das Zentrum der Corona-Pandemie.
Inzwischen steht die Metropole besser da, so dass die nächste
Lockerungsphase startet. Aber bis die mehr als 60 Millionen Touristen
pro Jahr an ihren Sehnsuchtsort zurückkehren, dauert es wohl noch.

New York (dpa) - Zehn Jahre in Folge konnte die New Yorker
Tourismusbehörde einen Rekord nach dem anderen verkünden. Die Zahl
der Besucher der US-Ostküstenmetropole kletterte in immer neue Höhen,
2019 auf fast 67 Millionen. Für dieses Jahr hatte NYC & Company einen

neuen Rekord erwartet, doch dann kam die Coronavirus-Pandemie. Die
Tourismusbehörde musste nicht nur alle Prognosen für 2020 nach unten
korrigieren, sondern auch mehr als die Hälfte ihrer eigenen
Mitarbeiter freistellen.

Die Pandemie hat den Sehnsuchtsort von Millionen Menschen weltweit
besonders hart getroffen. Mehr als 210 000 der rund 8,4 Millionen
Einwohner New Yorks haben sich bereits mit dem Virus infiziert, rund
23 000 sind nach einer Infektion gestorben. Inzwischen aber sinken
die Zahlen beständig - auch dank umfangreicher Einschränkungen des
öffentlichen Lebens.

Am Montag (6. Juli) kann deshalb die dritte Phase der Lockerungen
starten: Nach unter anderem Bauarbeiten in der ersten Phase und
Friseursalons, Geschäften und Außenbereichen von Restaurants in der
zweiten, dürfen dann auch beispielsweise Nagelstudios und
Tattoo-Läden ihre Türen wieder öffnen. Abstands- und Hygieneregeln
gelten weiter.

«Die New Yorker haben unglaubliche Widerstandsfähigkeit in dieser
Krise gezeigt und dank ihrer harten Arbeit sind wir in der Spur für
die dritte Phase«, sagte Bürgermeister Bill de Blasio. Eine
Einschränkung musste allerdings bereits gemacht werden: Anders als
zuvor geplant dürfen Restaurants, Bars und Cafés ihre Innenbereiche
nicht mit dem Beginn der dritten Phase wieder öffnen. Das liegt auch
daran, dass in vielen anderen US-Bundesstaaten, die bereits vor
einiger Zeit wieder komplett geöffnet haben, die Neuinfektionszahlen
zuletzt dramatisch zugenommen haben.

Das einstige Epizentrum der Pandemie in den USA steht inzwischen
besser da, aber bis die Touristen aus dem Ausland wieder in die dicht
besiedelte Millionenmetropole kommen können, dürfte es noch ein
weiter Weg sein. Derzeit gelten für viele Länder - darunter auch
Deutschland - erstmal sowieso noch weitgehende Einreiseverbote, deren
Ende bislang nicht absehbar ist. Aber selbst wenn die Touristen dann
kommen können, werden sie wohl eine veränderte Stadt vorfinden.

Viele Attraktionen wie die Theater des Broadway oder die Metropolitan
Oper haben schon angekündigt, vor 2021 gar nicht erst wieder
aufzumachen. In der Stadtverwaltung gibt es erste Überlegungen,
Hotelzimmer in bezahlbaren Wohnraum für Bedürftige umzuwandeln.

«Ich bin Optimist. Ich hoffe, dass um Weihnachten rum die Touristen
aus dem Ausland wieder kommen werden», sagt Erol Inanc. Der
53-jährige Münchner lebt seit fast 30 Jahren in der Stadt und
organisiert Komplett-Pakete für Paare, die in New York heiraten
wollen. Die letzte Trauung hat Inanc im Dezember betreut. «Seitdem
ist das Geschäft komplett zusammengebrochen. An den meisten Tagen
bekomme ich noch nicht einmal E-Mails.» Inanc hat auf Erspartes
zurückgreifen können und seine Freundin, die als Krankenschwester
auch Covid-Patienten betreut hat, im Haushalt unterstützt. «Das ist
die schlimmste Krise, die ich hier in New York erlebt habe, weil es
sich so in die Stadt reingefressen hat. Es gibt eine neue Demut und
Bescheidenheit.» 

Im Seafarers International House in Manhattan, der früheren Deutschen
Seemannsmission von New York, übernachten normalerweise rund 38 000
Menschen pro Jahr. Im März musste das Gästehaus schließen und
beherbergte dann noch für einige Monate Covid-19-Patienten, die sich
dort nach einem Krankenhausaufenthalt erholten. Wann wieder reguläre
Übernachtungsgäste empfangen werden könnten, sei derzeit unklar, sagt

Henryk Behnke, der seit 1998 in New York lebt und seit einiger Zeit
für das Seafarers International House arbeitet. Familie und Freunden
aus Deutschland rät der Berliner derzeit, nicht vor Frühjahr 2021
wieder nach New York zu kommen. «Die Stadt hat sich verändert», sagt

der 52-Jährige. «Aber es ist zu hoffen, dass ihr Wesen bleibt.»

Sanel Huskanovic hofft darauf, dass vielleicht schon im Oktober oder
November wieder Touristen aus Europa nach New York kommen können. Der
38-Jährige, der in Bosnien geboren wurde und später als
Kriegsflüchtling nach Deutschland kam, betreibt normalerweise ein
Reisebüro vor allem für deutschsprachige Touristen ganz in der Nähe
des Times Square. «Die Energie der Stadt hat sich enorm verändert,
denn es fehlen ja ungefähr fünf Millionen Touristen pro Monat. Das
ist ganz schön viel Energie und ganz schön viele Menschen - ganz
schön viele glückliche Menschen.»

Viele der mehr als 600 000 Menschen, die normalerweise pro Jahr aus
Deutschland nach New York reisen, buchen bei Huskanovic Touren und
Ausflüge. Die letzten Gäste hat er im März betreut, inzwischen kann
Huskanovic die Miete für Büro und Wohnung nicht mehr zahlen und
schläft bei Freunden auf dem Sofa. Aber er gebe nicht auf, sagt
Huskanovic - genau wie New York. «Die Stadt ist schon so oft
gefallen, aber immer wieder aufgestanden. Deswegen liebe ich New York
so sehr, weil es sich immer wieder neu erfindet. Hier habe ich
gelernt, dass man eine Krise als Chance sehen muss.»