Brandenburgs Landtagspräsidentin für mehr Respekt in Debatten

Potsdam (dpa/bb) - Im Brandenburger Landtag wird nach Ansicht von
Parlamentspräsidentin Ulrike Liedtke mehr gestritten als zuvor. «Es
ist hitziger geworden in den Debatten», sagte Liedtke der Deutschen
Presse-Agentur in Potsdam. «Wir haben in den wenigen Monaten von
September bis Juni schon sechs Ordnungsrufe gehabt, in der gesamten
Wahlperiode vorher waren es acht.» Sie sehe es auch als ihre Aufgabe
an, Aufregung herauszunehmen und zu einem pragmatischen Miteinander
zu führen. «Man merkt, dass es offenbar notwendig ist, die Kollegen
ab und zu zu zügeln», sagte sie. «Die Abgeordneten können auch
miteinander streiten, aber nicht verbal aufeinander losgehen.»

Die SPD-Politikerin, die auch Vizepräsidentin des Deutschen
Kulturrates ist, steht seit vergangenem Jahr an der Spitze des
Präsidiums im Brandenburger Landtag. Seit 2014 gehört sie dem
Parlament an. Als sich der neue Landtag im September 2019
konstituierte, warb Liedtke nach ihrer Wahl für gegenseitigen Respekt
im Parlament, in dem statt fünf nun sechs Fraktionen über Gesetze
debattieren: SPD, AfD, CDU, Grüne, Linke und Freie Wähler.

In seiner neuen Geschäftsordnung schützt der Landtag die
parlamentarische Würde. «Wenn sie verlorengeht, dann ist auch die
Demokratie beschädigt», sagte die Parlamentspräsidentin. «Das haben

andere Landesparlamente schon geregelt. Wenn sich jemand daneben
benimmt, wird er des Raumes verwiesen.» Die AfD-Fraktion befürchtet
dagegen, dass mit der neuen Geschäftsordnung die Sprachfreiheit
eingeengt werden könnte.

Die Landtagspräsidentin verwies in ihrer Bilanz der ersten Monate
auch darauf, dass die Corona-Krise weitreichende Konsequenzen für die
Arbeit hatte. «Während der Krisenzeit rückt der Landtag ein bisschen

in den Hintergrund, aber er hat in der ganzen Corona-Zeit
durchgearbeitet», sagte Liedtke. «Manche Themen, an denen die
Abgeordneten schon länger arbeiten, rutschen beiseite, weil zum
Beispiel der Rettungsschirm wichtiger ist.»

Das Parlament hatte einen Schirm mit Hilfen von zwei Milliarden Euro
beschlossen. Auch deshalb müssen die Vorhaben aus dem
Koalitionsvertrag von SPD, CDU und Grünen nach Ansicht der
Parlamentspräsidentin auf den Prüfstand. «Man muss überlegen, ob ma
n
unter diesen Bedingungen alle Koalitionsprojekte umsetzen kann»,
sagte sie. «Das ist ein sehr schmerzhafter Prozess.»