Spahn über CDU-Vorsitzendendebatte: Stehe zur Teamlösung mit Laschet

Monatelang hat die Corona-Krise die unionsinterne Debatte über
CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur überdeckt. Das ändert sich langsam
wieder. Werden diese Fragen zum großen Thema im Sommerloch?

Berlin (dpa) - Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich in der Debatte
über die Suche nach einem neuen CDU-Chef zur Teamlösung mit dem
nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet bekannt.
Die Corona-Krise habe die Grundprobleme der CDU ja nicht gelöst,
sagte Spahn dem «Spiegel». «Deswegen stehe ich zur Lösung im Team.
»
Als er sich gemeinsam mit Laschet als Team vorgestellt habe, habe er
gesagt, die CDU sei in der größten Krise ihrer Geschichte. «Das habe

ich nicht leichtfertig gesagt. Das war vielmehr der Grund für mich,
in dieses Team zu gehen», sagte Spahn, der Mitglied im CDU-Präsidium
ist. «Das sehe ich immer noch so. Aus voller Überzeugung.»

In der Union wird hinter vorgehaltener Hand darüber diskutiert, ob es
im Team Laschet-Spahn noch einen Rollentausch geben könnte - und
Spahn an Stelle von Laschet als CDU-Chef kandidiert. Hintergrund sind
sinkende Beliebtheitswerte von Laschet im Verlauf der Corona-Pandemie
und anhaltend schlechte Werte bei der Frage der Kanzlerkandidatur im
Vergleich zum CSU-Vorsitzenden und bayerischen Regierungschef Markus
Söder. Neben Laschet kandidieren der Wirtschaftspolitiker Friedrich
Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen für den CDU-Vorsitz.

Laschet sagte Der dem Nachrichtenportal t-online.de: «Jens Spahn und
ich haben uns gemeinsam viele Gedanken dazu gemacht, was die Partei
braucht, wie man die CDU gut führen und zusammenhalten kann. Und
dabei haben wir einen Konsens gefunden, uns gemeinsam entschieden als
Team in diesen Wettbewerb zu gehen. Daran hat sich nichts geändert.»

Spahn sagte, die CDU sei auf dem Weg gewesen, in ihrem Umgang
miteinander «im schlechtesten Sinne sozialdemokratisch zu werden, uns
nur noch selbst zu bespiegeln und dabei nicht mehr wahrzunehmen, was
die Bürger eigentlich bewegt». Diese «selbstzerstörerische Art des

Umgangs miteinander» dürfe zum Anfang Dezember geplanten Parteitag in
Stuttgart nicht wieder hochkommen. Die CDU will bei dem
Delegiertentreffen einen Nachfolger für die scheidende Vorsitzende
Annegret Kramp-Karrenbauer wählen.

Die Bürger hätten derzeit ganz andere Fragen als die, wer CDU-Chef
werde, sagte Spahn. Die Partei müsse Antworten auf soziale und
wirtschaftliche Fragen geben. Lob äußerte Spahn für Merz, der von
Anfang an gesagt habe, dass er die CDU-Krisenmanager unterstütze.
«Das fand ich gut.»

Zu Spekulationen über eine Kanzlerkandidatur von CSU-Chef Söder sagte
Spahn: «Ob er das gern wäre, müssen Sie ihn fragen. Am Ende werden
CDU und CSU gemeinsam eine Lösung finden.» Er habe in der
Corona-Krise mit Laschet und Söder zwei Regierungschefs erlebt, «die
mit aller Kraft das Beste wollten, die am gleichen Strang gezogen,
aber auch unterschiedliche Akzente gesetzt haben».

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU)
bekräftigte den Anspruch seiner Partei auf die Kanzlerkandidatur.
«Die CDU muss erst einmal sagen: Das Thema kann nicht an uns
vorbeigehen», sagte er der dpa. «Wie Bayerns Ministerpräsident Markus

Söder ja auch den Anspruch hat, auf jeden Fall mitzureden, hat ihn
die CDU noch etwas mehr, da wir ja doch ein bisschen größer sind als
die CSU.» Das ändere aber nichts an der guten Tradition, dass sich
CDU und CSU auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen.

«Es wäre falsch daran vorbeizugehen, dass wir auch schon zweimal
einen Kandidaten der CSU unterstützt haben», sagte Günther. In beiden

Fällen - 1980 mit Franz Josef Strauß und 2002 mit Edmund Stoiber -
schafften es die CSU-Kandidaten aber nicht ins Kanzleramt.

Zu Söder als möglichem Kanzlerkandidaten wollte sich Günther nicht
äußern. «Es wäre nicht in Ordnung, über jemanden zu spekulieren,
der
eine Kandidatur nicht angemeldet hat», sagte er. «Aber ich mache
keinen Hehl daraus, dass ich mit Herrn Söder eine wirklich gute
Kooperation habe.» Es gebe engen Kontakt. «Für Schleswig-Holstein ist

es auch nicht schlecht, mit Bayern in einigen Punkten an einem Strang
zu ziehen.» Söder will im Sommer nach Schleswig-Holstein kommen.

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) forderte Söder auf, bald
Klarheit über die Kanzlerkandidatur zu schaffen. Dem «Focus» sagte
der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung MIT, «die Entscheidung
für einen neuen CDU-Parteivorsitzenden ist unweigerlich mit der Frage
der Kanzlerkandidatur verbunden». Deswegen müssten die Delegierten
des CDU-Parteitags wissen, ob die CSU einen eigenen Kanzlerkandidaten
aufstellen wolle oder nicht. «Ansonsten drohen Spannungen, die der
Union insgesamt schaden könnten.»

Söder hatte kürzlich gesagt, er habe noch nie erlebt, dass jemand zum
Kanzler ge- oder berufen werde. «Das ist eine ziemlich ernste
Angelegenheit. Ich werde natürlich als CSU-Vorsitzender meinen
Beitrag leisten.» Auf die Nachfrage, ob er definitiv nicht
Kanzlerkandidat werde, bekräftigte er: «Mein Platz ist hier. In
Bayern.» In Umfragen zur Kanzlerkandidatur der Union hat Söder aber
derzeit die besten Karten.