Wenig Bewerber, viel Angebot - Ausbildungsmarkt schwierig

Berufsentscheidung in der Corona-Krise: Für Unternehmen, aber junge
Leute ist es derzeit schwierig, den Berufsstart gut zu organisieren.

Erfurt (dpa/th) - Die Zahl der Jugendlichen in Thüringen, die eine
Berufsausbildung starten wollen, sinkt weiter und bleibt deutlich
hinter dem Lehrstellenangebot zurück. Das geht aus Zahlen der
Landesarbeitsagentur von Mittwoch hervor. Danach haben sich bisher
rund 7800 junge Leute bei den Arbeitsagenturen für einen
Ausbildungsplatz gemeldet. Das waren 1200 weniger als vor einem Jahr.
Dem ständen 11 000 Ausbildungsstellen gegenüber. Das waren allerdings
auch 1700 weniger als im Juni 2019.

Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sind noch 3400
potenzielle Lehrstellenbewerber ohne Ausbildungsvertrag. «Die Zahlen
des Ausbildungsmarktes sind alarmierend», erklärte der
stellvertretender Bezirksvorsitzender des DGB Hessen-Thüringen,
Sandro Witt.

«Wir haben weiterhin einen deutlichen Überhang bei den
Ausbildungsstellen, so dass junge Menschen in Thüringen gute
Ausbildungschancen haben, wenn sie offen für Alternativen sind und
auch links und rechts von ihrer ersten Wahl suchen», erklärte der
Geschäftsführer der Landesarbeitsagentur, Markus Behrens. Kammern und
Berufsverbände würden derzeit bei ihren Mitgliedern dafür werben, den

Auswirkungen der Corona-Krise zum Trotz Ausbildungsverträge
abzuschließen.

Nach einer Umfrage der drei Industrie- und Handelskammern (IHK) in
Thüringen unter 500 Betrieben sind die Einschränkungen in der
Ausbildung während der Corona-Krise nicht so stark ausgefallen wie
befürchtet. In drei von vier Firmen konnten danach die Auszubildenden
mit Änderungen in Organisation und Abläufen weiter ihren Aufgaben
nachgehen. In jedem vierten Betrieb wurde der Nachwuchs zumindest
gelegentlich im Homeoffice oder mobil beschäftigt, habe die Befragung
ergeben. Kurzarbeit mussten fünf Prozent der Befragten für Lehrlinge
beantragen.

«Die durch Corona befürchtete Kündigungswelle von Auszubildenden ist

dank der flexiblen Ausbildungsorganisation in den Unternehmen sowie
der staatlichen Unterstützungsleistungen ausgeblieben», erklärte die

Geschäftsführerin der IHK Erfurt, Cornelia Haase-Lerch. Bisher hätten

nur zwei Unternehmen unter den Befragten für 2020 geschlossene
Ausbildungsverträge wieder gelöst.

79 Prozent der Unternehmen wollten auch in diesem Jahr Auszubildende
einstellen - teilweise mit Bewerbungsgesprächen per Telefon- oder
Videoschalte. Die Kammern bekräftigten ihre Forderung nach einer
finanziellen Unterstützung von Ausbildungsbetrieben.