Corona-Krise in der Luftfahrt längst nicht überwunden

Der Flugverkehr zieht langsam wieder an. Doch die Corona-Krise
fordert in der Luftfahrt weiter Opfer. Während die SAS vom Staat
gerettet wird, legt sich Norwegian mit einem mächtigen Gegner an.

Frankfurt/Main (dpa) - Trotz zunehmenden Flugverkehrs ist die
Corona-Branchenkrise noch längst nicht ausgestanden. Während von
deutschen Flughäfen langsam wieder mehr Urlaubsjets starten, geht die
Gesellschaft Norwegian Air Shuttle auf Konfrontationskurs mit dem
Hersteller Boeing. Für den skandinavischen Anbieter SAS schnürten
Dänemark und Schweden sowie private Investoren ein Rettungspaket.

Norwegian zog sämtliche Bestellungen bei Boeing zurück und leitet
rechtliche Schritte gegen den US-Hersteller des Unglücks-Jets 737 Max
ein. Insgesamt geht es um 97 Maschinen mit dem Listenpreis von 10,6
Milliarden Dollar (9,4 Mrd Euro). Allerdings sind bei Großaufträgen
deutliche Rabatte üblich. Die Airline erklärte, wegen der im März
2019 im Zuge zweier Abstürze verhängten Flugverbote für Boeings 737
Max erhebliche Verluste erlitten zu haben. Gespräche hätten nicht zu
einer Einigung mit vernünftiger Kompensation geführt. Norwegian will
die entstandenen Schäden und Vorauszahlungen nun einklagen. Boeing
äußerte sich zunächst nicht zu der Ankündigung.

An den deutschen Flughäfen kommt das Angebot wieder aus dem
Corona-Tief. Verglichen mit Juli 2019 bieten die Fluggesellschaften
nach einer Flugplananalyse des Branchenverbands BDL im Laufe des
kommenden Monats bis zu 27 Prozent der Sitzplatz-Menge an. Im Juni
waren es erst 15 Prozent gewesen, so dass nunmehr auf niedrigem
Niveau annähernd eine Verdoppelung geplant ist.

Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der vorher üblichen Zielorte werden
im Juli bereits wieder bedient, aber nicht so häufig wie zuvor.
Jahreszeitgemäß liegen vor allem touristische Destinationen an der
Spitze der angeflogenen Ziele: Spanien, Türkei, Griechenland und
Italien. Top-Ziel ist Palma de Mallorca mit 326 Abflügen aus
Deutschland in der zweiten Juli-Woche, wie der BDL am Dienstag in
Berlin berichtete. Die Passagiere können von den deutschen Flughäfen
im Juli 239 Ziele in 69 Ländern erreichen.

Die skandinavische Fluggesellschaft SAS muss in der Corona-Krise
ebenfalls vom Staat gerettet werden. Im Gegenzug zur Finanzspritze
von rund 12 Milliarden schwedischen Kronen (1,1 Mrd Euro) muss das
Unternehmen in den nächsten Jahren allerdings seine Betriebskosten
deutlich senken und 5000 Arbeitsplätze abbauen, wie es am Dienstag in
Stockholm mitteilte. Ein Großteil des Geldes kommt von den beiden
größten Anteilseignern, den Regierungen von Schweden und Dänemark.
Auch der drittgrößte Aktionär, die Knut and Alice Wallenberg
Foundation, unterstützt die Rettung.

Ähnlich wie bei der Lufthansa müssen auch die Anteilseigner der
börsennotierten SAS dem Vorhaben noch auf einer Hauptversammlung
zustimmen. Auch die EU-Kommission muss den Plan noch genehmigen. So
soll SAS über die gezielte Ausgabe von Aktien an die drei
Großaktionäre, eine für alle Aktionäre zugängliche Kapitalerhöh
ung
und Nachranganleihen, die wie Eigenkapital behandelt werden, 12
Milliarden Kronen an frischem Kapital bekommen. Durch die Wandlung
von bereits ausgegebenen Anleihen in Aktien soll das Eigenkapital
insgesamt um 14,25 Milliarden schwedische Kronen wachsen.