Rechtsmediziner im Weizsäcker-Mordprozess: «Mit massiver Wucht»

Berlin (dpa/bb) -  Der mutmaßliche Mörder des Berliner Chefarztes
Fritz von Weizsäcker hat einem Gutachten zufolge mit massiver Wucht
zugestochen. Es sei ungewöhnlich, dass ein einzelner Stich so heftig
geführt werde, erklärte der Rechtsmediziner Michael Tsokos von der
Berliner Charité am Dienstag vor dem Landgericht der Hauptstadt.
Fritz von Weizsäcker, Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von

Weizsäcker, wurde am 19. November 2019 gegen Ende eines Vortrages in
der Schlossparkklinik durch einen Stich in den Hals getötet. Es habe
keine Chance gegeben, die Blutung zu stillen, so der Rechtsmediziner
am fünften Verhandlungstag.

Angeklagt ist ein Mann aus Andernach in Rheinland-Pfalz. Dem
57-Jährigen werden Mord an dem 59 Jahre alten Professor sowie
versuchter Mord an einem Polizisten zur Last gelegt. Der 34 Jahre
alte Beamte, der privat zu dem Vortrag gekommen war, wollte den
Angreifer stoppen und wurde schwer verletzt. Als Mordmotiv nimmt die
Staatsanwaltschaft Hass auf die Familie des Getöteten an,
insbesondere auf den früheren Bundespräsidenten. Die tödliche
Stichwunde in den Hals war laut Gutachten 14 Zentimeter lang.

Der Angeklagte hat die Attacke gestanden, ohne Reue zu zeigen. «Ich
bin froh, dass er tot ist. Für mich war es notwendig», hatte der
57-Jährige sein Geständnis vorgelesen. Er bezeichnete sich als
Zwangsneurotiker, Ex-Nazi und verkrachte Existenz.

In dem Prozess ist die Schuldfähigkeit des 57-Jährigen ein zentraler
Punkt. Zur Beurteilung dieser Frage wurden am Dienstag auch der
Vermieter des Angeklagten und der Hausverwalter als Zeugen vernommen.
Der Hausverwalter erklärte, die Wohnung des 57-Jährigen habe sich in
einem «desaströsen Zustand» befunden. Der Mieter habe sich «um nich
ts
gekümmert». In einem Brief habe ihn der Angeklagte auch indirekt
bedroht. Die Verhandlung wird am 3. Juli fortgesetzt.