Ifo-Präsident erwartet bald härtere Verteilungskämpfe in Deutschland

München (dpa) - Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht Deutschland «vor
einer Zeit wachsender Verteilungskämpfe». Die deutschen
Konjunkturpakete inklusive des deutschen Anteils am EU-Paket kosteten
610 Milliarden Euro - Kredite und Garantien über 820 Milliarden Euro
noch nicht mitgerechnet. «Wir sind jetzt alle erheblich ärmer
geworden durch diese Krise», sagte Fuest am Montag auf einem
Online-Forum mit Wirtschaftsforschern aus der Schweiz und Österreich.

Wenn es um die Kostenrechnung gehe, hätten all jene «schlechte
Karten, die nicht mobil sind, und alle, die keine gute Lobby haben».
Auch Steuererhöhungen könnten kommen. «Es wird harte
Auseinandersetzungen geben», sagte Fuest.

Im Moment gelte es aber erst mal, aus dieser Krise herauszukommen.
Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte dieses Jahr zwischen sechs
und sieben Prozent schrumpfen. Die Industrie rechne mit 20 Prozent
weniger Umsatz, die Betriebe sähen bei der Geschäftslage «überhaupt

keine Verbesserung bislang», und sieben Millionen Menschen seien in
Kurzarbeit, sagte Fuest.

Solange die Zinsen so niedrig blieben, sei die Schuldenlast tragbar.
Aber «die nächste Krise wird kommen. Dann ist das Ende der
Fahnenstange irgendwann erreicht», sagte der Professor. Die
erwerbstätige Bevölkerung schrumpfe, die Autoindustrie habe
strukturelle Probleme.

Die Preise seien derzeit eher unter Druck, mittelfristig rechne er
wieder mit leichten Preissteigerungen. Doch wenn die
Wertschöpfungsketten kürzer und teuerer würden und die Produktion
stagnierte, könnten Kosten und Inflation steigen: «Stagflation wäre
ein extrem gefährliches Szenario», sagte Fuest. «Das könnte zu eine
m
Kollaps der Staatsfinanzen führen.»