Bundestag beschließt Mehrwertsteuer-Senkung und Familienbonus

Finanzminister Scholz hatte einen «Wumms» versprochen, der den Konsum
nach der Corona-Krise wieder ankurbeln soll. Die wichtigste Maßnahme
soll diese Woche in Kraft treten - doch die Opposition zweifelt, ob
sie wirkt.

Berlin (dpa) - Weniger Steuern beim Einkaufen und Geld aufs
Familienkonto: Der Bundestag hat wichtige Teile des Konjunkturpakets
beschlossen, das Konsum und Wirtschaft in der Corona-Krise wieder
ankurbeln soll. Das Parlament stimmte den Neuerungen am Montag in
einer Sondersitzung mit den Stimmen der großen Koalition zu. Damit
sie zum 1. Juli in Kraft treten können, bedarf es am Nachmittag
(15.00 Uhr) allerdings auch noch der Zustimmung des Bundesrats.

Eine Senkung der Mehrwertsteuer soll die wegen der Corona-Pandemie
und Kurzarbeit geschwächte Kaufkraft wieder stärken. Bis Jahresende
fallen statt 19 nur noch 16 Prozent Mehrwertsteuer beim Einkauf an.
Der ermäßigte Satz, der für viele Lebensmittel und Waren des
täglichen Bedarfs gilt, wird von 7 auf 5 Prozent reduziert.

Viele Supermärkte, Auto- und Möbelhäuser haben bereits angekündigt,

die Ersparnis eins zu eins an ihre Kunden weiterzugeben - teils
wurden bereits zum Wochenbeginn Preise gesenkt.

Die Opposition kritisierte die vorübergehende Steuersenkung trotzdem
als weitgehend wirkungslos. Sie bedeute für den Einzelhandel einen
«absurden bürokratischen Aufwand», zugleich spare ein
durchschnittlicher Haushalt im Monat gerade einmal 30 Euro, sagte
FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. Linke und Grüne bezweifelten, dass
die Ersparnisse wirklich beim Verbraucher ankommen. Sie sei eine
gewagte, unkalkulierte Wette. Auch die AfD bezweifelte
wirtschaftliche Impulse.

Zweiter großer Bestandteil des Konjunkturpakets ist ein Bonus von 300
Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind. Die ersten 200 Euro sollen
im September mit dem Kindergeld ausgezahlt werden, die restlichen 100
Euro im Oktober. Der Kinderbonus wird nicht auf die Grundsicherung
angerechnet, bei Besserverdienern aber mit dem steuerlichen
Kinderfreibetrag verrechnet, so dass vor allem Familien mit weniger
Geld profitieren.

Weitere Erleichterungen gibt es für Firmen, etwa durch geänderte
Abschreibungsregeln. Außerdem sollen sie aktuelle krisenbedingte
Verluste besser mit Gewinnen aus dem Vorjahr verrechnen können und so
in der schwierigen Zeit mehr Geld in der Kasse haben.

Der Bund übernimmt den Großteil der Kosten für das Konjunkturpaket:
Knapp 13 Milliarden Euro an Steuerausfällen entstehen durch die
Senkung der Mehrwertsteuer, der Kinderbonus schlägt mit weiteren 5,4
Milliarden Euro zu Buche. Um das zu stemmen, will Finanzminister Olaf
Scholz (SPD) noch einmal mehr Kredite aufnehmen. Inzwischen sind für
2020 Rekordschulden von 218,5 Milliarden Euro vorgesehen. Den zweiten
Nachtragshaushalt soll der Bundestag noch in dieser Woche
beschließen.