Patientenschützer begrüßen Bayerns Pläne für mehr Corona-Tests

Bayern will als erstes Bundesland massenweise vorbeugende
Corona-Tests einführen - kostenlos beim Hausarzt. Gesundheitsminister
Spahn sieht die Pläne kritisch - ganz im Gegensatz zu
Patientenschützern.

München/Berlin (dpa) - Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßt

die Pläne der bayerischen Staatsregierung für vorbeugende
Corona-Tests. «Diese Tests sind sinnvoll, weil wir kein anderes
Instrument haben, zügig und schnell eine Infektionskette zu
erkennen», sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Deutschen
Presse-Agentur. «Mit vorbeugenden Tests haben wir die Möglichkeit,
Gefahrenlagen festzustellen.» Tests könnten aber nicht die
Abstandsregeln und den Mund-Nasen-Schutz ersetzen, betonte er.

Bayern will als erstes Bundesland Corona-Tests für alle einführen -
auch für Menschen ohne Symptome und ohne besonders hohes
Infektionsrisiko. Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) kündigte
am Sonntag eine «Corona-Testoffensive» an. Die Kosten will der
Freistaat übernehmen, soweit sie nicht etwa von der Krankenkasse
getragen werden. Die Mitwirkung der Hausärzte sei freiwillig, teilte
eine Ministeriumssprecherin mit. Bei den Tests handelt es sich um
sogenannte PCR-Tests.

Brysch befürchtet, die Hausärzte könnten damit überfordert sein. Vo
r
allem massenhafte Tests in Pflege- und Behindertenheimen, die
besonders wichtig seien, könnten sie nicht leisten. «Da müssen wir
mobile Teams auf den Weg bringen. Gerade dort, wo das
Infektionsgeschehen auf eine Hochrisikogruppe trifft, darf es keine
Diskussionen geben.»

Er kritisierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): «Ich
wundere mich schon, dass der Gesundheitsminister so auf die Bremse
drückt.» Er könne Bayern verstehen, die Tests dann im Alleingang
ausweiten zu wollen, sagte Brysch. Er forderte dennoch bundesweite
Konzepte. «Es geht alles drunter und drüber, jedes Bundesland macht,
was es will. Das ist für mich und auch für viele Patienten
außerordentlich unbefriedigend.»

Spahn hatte zurückhaltend auf Bayerns Pläne reagiert. «Umfangreiches

Testen ist sinnvoll, insbesondere um regionale Ausbrüche schnell
einzudämmen. Dazu haben wir das Testkonzept des Bundes bereits vor
Wochen angepasst», hatte Spahn der dpa gesagt. Zusätzliche
Testangebote durch die Länder könnten das ergänzen. «Allerdings ist

ein Test immer nur eine Momentaufnahme. Er darf nicht in falscher
Sicherheit wiegen.»

Bayern ist das erste Bundesland, das Tests für alle vorsieht. Hamburg
und Sachsen-Anhalt kündigten bereits an, dem Beispiel nicht folgen zu
wollen. Das Robert Koch-Institut halte ungezielte Testungen nicht für
sinnvoll, teilte ein Hamburger Senatssprecher dazu mit.

Der SPD-Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty, sagte
hingegen auf die Frage, ob der bayerische Vorstoß auch für NRW
sinnvoll wäre der «Rheinischen Post»: «Wir brauchen endlich eine
nationale Teststrategie. Das wäre wirklich verantwortungsvoll im
Gegensatz zum coronapolitischen Blindflug der Landesregierung.» Die
Bayern hätten dies bereits verstanden. Dann werde es bald wohl auch
bei Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ankommen.

In Berlin können sich ab Montag indes Beschäftigte in Kitas auch ohne
Symptome auf das Coronavirus testen lassen, wie Berlins Regierender
Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Sonntag im «Tagesspiegel»
ankündigte. Er sagte, das Angebot «voraussichtlich in der zweiten
Juli-Hälfte» auch für alle Beschäftigten von Schulen zu öffnen. M
it
Blick auf Bayern sagte Müller: «Es ist richtig, mehr
Testmöglichkeiten anzubieten.»