Verwaltungsgerichte mit vielen Corona-Klagen befasst

Die Corona-Krise hat mitunter zu viel Arbeit bei Verwaltungsrichtern
geführt. Da die Behörden aber zunehmend Lockerungen der zeitweilig
strengen Corona-Regeln erlassen, scheint der Höhepunkt an
Verfahrenseingängen zunächst erreicht. Prognosen seien aber schwer.

Kassel (dpa/lhe) - Die Corona-Krise hat den Verwaltungsgerichten
reichlich Arbeit beschert. Besonders Hessens oberste
Verwaltungsrichter sahen und sehen sich einer Flut an Fällen
ausgesetzt. «Auf uns ist eine hohe Welle von Verfahrenseingängen
zugekommen, insbesondere bei den zügig zu bearbeitenden
Eilverfahren», sagte ein VGH-Sprecher auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur. Mehr als 100 Corona-Verfahren seien bei den
verschiedenen Senaten eingegangen. Mehr als die Hälfte davon seien
noch nicht entschieden worden. Von den mehr als 100 Fällen seien 55
sogenannte Eilverfahren gewesen, die einer besonders schnellen
Bearbeitung bedürfen.

Ein VGH-Sprecher sagte: «Der Höhepunkt der Eingänge dürfte erreicht

sein. Die Zahlen sind nunmehr deutlich zurückgegangen.»
Schwerpunktmäßig ging es bei den Verfahren etwa um die Bestimmungen
zum Tragen eines Mund- und Nasen-Schutzes zur Abwehr des Virus. Zudem
ging es um die Nutzung von Freizeitanlagen (Golf, Kart, Tennis,
Fitnessstudio), Ladenöffnungen (Möbelmarkt, Warenhaus), Gastronomie
und Bordelle. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Schließung von Schulen
und Kindertagesstätten gewesen. «Die meisten Verfahren gab und gibt
es zum Mund- und Nasen-Schutz», erklärte der Sprecher.

Einen besonders spektakulären Fall gibt es beim VGH derzeit nicht.
Das Verfahren, das sich gegen die Sonntagsöffnung von Läden gerichtet
hatte, ist hinfällig, nachdem die entsprechende Corona-Verordnung
geändert wurde. Seit dem 22. Juni müssen die Läden an Sonntagen
wieder geschlossen bleiben.

Die eine Ebene unter dem Verwaltungsgerichtshof arbeitenden fünf
Verwaltungsgerichte hatten ebenfalls mit Corona-Verfahren zu tun. In
Frankfurt wurden seit Mitte März 39 Verfahren erledigt, neun Klagen
und ein Eilverfahren seien noch anhängig. Ob der Höhepunkt der
Klageflut erreicht ist? Eine Gerichtssprecherin sagte: «Das ist
schwer einzuschätzen und dürfte von vielen Faktoren abhängig sein.»

Etwa ob es zu weiteren Lockerungsmaßnahmen durch Aufhebung von
Beschränkungen oder die (Wieder-)Aufnahme von Beschränkungen komme
und inwieweit dies auf gesellschaftliche Akzeptanz stoße.

Beim Verwaltungsgericht Wiesbaden blieb die Zahl der Verfahren nach
eigenen Angaben überschaubar. Die meisten Verfahren seien direkt an
den VGH nach Kassel verwiesen worden. «Derzeit sind keine Verfahren
infolge der Pandemie beim Gericht anhängig», so das Gericht.

Am Verwaltungsgericht Kassel wurden 24 Verfahren eingereicht (je
zwölf Eilanträge und Klagen). Das ist angesichts der Summe an Klagen
(2396) und Eilanträgen (907), die das Gericht zum Beispiel im Jahr
2019 hatte, nicht viel. Wie sich die Entwicklung weiter gestalte, sei
schwer abzuschätzen, befand das Gericht. Dies hänge von den künftigen

behördlichen Maßnahmen im Umgang mit der Pandemie und deren
Ausbreitung ab.

Am Verwaltungsgericht Darmstadt ist eine Verfahrensflut ausgeblieben,
wie ein Sprecher berichtete. Es wurden lediglich 15 Fälle gezählt,
davon seien noch vier anhängig. In Zeiten des noch scharfen Lockdowns
ging es um eine breite Palette von Fällen. «Ein Ehepaar, das weiter
Tennis spielen wollte; eine Firma, die Haare entfernt; ein
Hundefriseur; ein Gastwirt; ein Lehrer, der keine Abitur-Aufsicht
übernehmen wollte aufgrund Gesundheitsbedenken; eine Schwimmerin, die
im Trainingsbad trainieren wollte; ein Student, der an einer
schriftlichen Prüfung nicht teilnehmen wollte; eine Demo, die
coronabedingt untersagt wurde», zählte der Sprecher auf. «Wir gehen
momentan davon aus, dass sich die Anzahl entsprechender Verfahren
nicht weiter erhöhen wird.»

Am Verwaltungsgericht in Gießen spielten Corona-Verfahren eine noch
geringere Rolle. Die jeweiligen Kammern berichteten von neun
Verfahren. Sie seien mittlerweile allesamt erledigt. «Nicht alle
Verfahren wurden streitig entschieden. Einige haben sich durch die
Änderung von Verordnungen des Landes Hessen oder Einigung der
Beteiligten erledigt», erklärte das Gericht. Es gehen den Angaben
zufolge derzeit auch keine neuen Verfahren ein.