«Grüne Welle» bei Kommunalwahlen in Frankreich

Fiasko für das Mitte-Lager von Präsident Macron: Grüne und Verbünde
te
erobern mehrere große Städte im Land. Ein Lichtblick ist der Sieg von
Premier Philippe in Le Havre.

Paris (dpa) - Bei der Endrunde der Kommunalwahlen in Frankreich haben
Grüne und ihre Verbündeten beispiellose Erfolge errungen. In Städten

wie Lyon, Straßburg oder Besançon stehe ein Machtwechsel an,
berichtete der TV-Sender France 2 am Sonntagabend. Die Sprecherin von
Europe Écologie - Les Verts, Eva Sas, sprach von einer «grünen
Welle». Bisher ist Grenoble die einzige große Stadt mit einem grünen

Bürgermeister.

Die Stichwahlen betrafen fast 5000 Kommunen, darunter waren die
größten Städte des Landes. Aufgerufen waren gut 16 Millionen
Wählerinnen und Wähler - das entspricht etwa einem Drittel der
Wahlberechtigten.

Überschattet waren die Stichwahlen von einer historisch niedrigen
Wahlbeteiligung von rund 40 Prozent. Mehrere Spitzenpolitiker, unter
ihnen die Rechtspopulistin Marine Le Pen vom Rassemblement National
(RN), äußerten sich besorgt darüber. Noch vor sechs Jahren hatte die

Beteiligung noch bei gut 62 Prozent gelegen. Die Stichwahlen waren
eigentlich für Ende März geplant, mussten aber wegen der
Corona-Pandemie verschoben werden. In den Wahllokalen galt
Maskenpflicht.

In Paris lagen die sozialistische Amtsinhaberin Anne Hidalgo und ihre
Verbündeten aus dem linken Lager weit vor ihrer konservativen
Herausforderin Rachida Dati. Die Hauptstadt hat in Frankreich eine
besondere Symbolkraft. Paris plant 2024 die Olympischen Spiele.

Das Mitte-Lager von Staatschef Emmanuel Macron steckte ein schwere
Schlappe ein. Die Präsidentenpartei La République en Marche (LREM)
scheiterte mit ihrem ursprünglichen Vorhaben, die Hauptstadt zu
erobern und in anderen Städten für Überraschung zu sorgen.
Premierminister Édouard Philippe (49) entschied allerdings in der
nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre mit rund 59 Prozent die Wahl
für sich. «In Le Havre sind die Ergebnisse deutlich», resümierte
Philippe.

Noch vor drei Jahren hatte die junge Präsidentenpartei aus dem Stand
die Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung errungen. Macron
und seine Frau Brigitte wählten im nordfranzösischen Seebad Le
Touquet, wie TV-Bilder zeigten. Nach den Wahlen will der 42-Jährige
über seinen politischen Kurs nach der Coronavirus-Pandemie
entscheiden, die Frankreich mit rund 30 000 Toten hart traf.

Seit Wochen wird darüber spekuliert, ob Macron seinen von der
bürgerlichen Rechten stammenden Premierminister bei der erwarteten
Regierungsumbildung behält oder nicht. Philippe profilierte sich
während der Pandemie als Krisenmanager und ist nach Umfragen deutlich
beliebter als der Präsident.

Macron setzt unterdessen auf die große Politik - am Freitag
konferierte er per Videoschalte mit seinem russischen Kollegen
Wladimir Putin, am Montag wird er bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
im brandenburgischen Meseberg erwartet.

Die Rechtsaußenpartei RN hielt einige Bastionen im Norden und Süden
des Landes. Der bekannte RN-Politiker Louis Aliot setzte sich laut
France 2 in der Stichwahl in der Stadt Perpignan durch.