Milliarden gegen Corona mobilisiert - Tests für jedermann in Bayern

Miley Cyrus, Shakira und Angela Merkel: Weltstars engagieren sich am
Wochenende mit Staats- und Regierungschefs im Kampf gegen die
Corona-Pandemie und sammeln Milliarden ein. In Deutschland geht
Bayern bei Corona-Tests neue Wege.

Brüssel/New York/Berlin (dpa) - Im weltweiten Kampf gegen die
Corona-Pandemie mobilisiert die Staatengemeinschaft
Milliardenbeträge. Beim internationalen Spendenmarathon sind für
Impfstoffe und Behandlungen neue Hilfszusagen in Höhe von 6,15
Milliarden Euro zusammengekommen. Allein die EU-Kommission und
Deutschland sagten bei einer virtuellen Geberkonferenz am Samstag
zusammen knapp 5,3 Milliarden Euro zu. Damit stiegen die bisherigen
Hilfszusagen auf 15,9 Milliarden Euro. Zum Abschluss der virtuellen
Geberkonferenz traten am Abend internationale Stars bei einem großen
Online-Konzert auf.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem
unglaublichen Ergebnis. Der Spendenmarathon sei ein bewegender und
zugleich greifbarer Moment der Einigkeit zwischen Bürgern,
Regierungen, Philanthropen, Gesundheitsorganisationen und
Wirtschaftsführern.

Deutschland sagte bei der Konferenz zusätzliche 383 Millionen Euro
zu, während von der Leyen weitere 4,9 Milliarden Euro an EU-Mitteln
ankündigte. «Ich bin der festen Überzeugung: Impfstoffe, Tests und
Medikamente müssen weltweit verfügbar, bezahlbar und zugänglich
sein», erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer
Videobotschaft zum deutschen Beitrag.

Weltweit gibt es rund sechs Monate nach Beginn der Corona-Pandemie
US-Wissenschaftlern zufolge bereits mehr als 10 Millionen bestätigte
Infektionen - mehr als eine halbe Million Menschen starben nach einer
Infektion. Das ging am Sonntag aus Daten der Universität Johns
Hopkins in Baltimore hervor. Am schlimmsten sind die USA betroffen -
mit rund 2,5 Millionen bestätigten Infektionen und mehr als 125 000
Opfern. In Deutschland zählte das Robert Koch-Institut bis
Sonntagfrüh 193 499 Infektionen und 8957 Todesfälle.

Trotz der vergleichsweise niedrigen Infektions- und Todeszahlen in
Deutschland warnte Merkel die Bürger vor Leichtsinn. «Die von dem
Virus ausgehende Gefahr ist weiterhin ernst», sagte sie am Samstag in
ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Merkel wiederholte explizit ihren
Appell vom Anfang der Krise Mitte März: «Nehmen Sie es ernst, denn es
ist ernst.» Bei der Eindämmung des Virus seien neben der Politik
weiterhin alle Bürger gefragt. «Wir alle müssen es weiter als unsere

gemeinschaftlich empfundene Verpflichtung verstehen, dass jeder und
jede Einzelne unser aller Schicksal in der Hand haben, indem wir uns
an die Regeln halten: Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz im
öffentlichen Raum und Händewaschen.»

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte vor einer zweiten
Corona-Welle. «Wir müssen wirklich aufpassen», sagte er in einer am
Samstag veröffentlichten Videobotschaft. «Wir dürfen nicht riskieren,

dass wir sogar noch schneller als befürchtet, vor dem Herbst, eine
zweite Welle, eine schleichende Welle, und überall regionale
Lockdowns bekommen.»

Bayern will als erstes Bundesland Corona-Tests für jedermann
einführen - unabhängig davon, ob man Symptome hat oder einem
besonderen Risiko ausgesetzt ist. Gesundheitsministerin Melanie Huml
(CSU) kündigte am Sonntag eine «Corona-Testoffensive» an. «Allen
Bürgerinnen und Bürgern Bayerns wird deshalb zeitnah angeboten, sich
bei einem niedergelassenen Vertragsarzt auch ohne Symptome testen zu
lassen.» Die Kosten will der Freistaat übernehmen, soweit das nicht
etwa die Krankenkasse macht.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) reagierte zurückhaltend.
«Umfangreiches Testen ist sinnvoll, insbesondere um regionale
Ausbrüche schnell einzudämmen. Dazu haben wir das Testkonzept des
Bundes bereits vor Wochen angepasst», sagte er am Sonntag der
Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zusätzliche Testangebote durch
die Länder könnten das ergänzen. «Allerdings ist ein Test immer nur

eine Momentaufnahme. Er darf nicht in falscher Sicherheit wiegen.»

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert eine zielgenaue
Strategie. Grundsätzlich sei das Vorgehen Bayerns richtig.
«Allerdings müssen wir dafür sorgen, dass die richtigen Leute
getestet und die Tests selbst billiger werden», sagte Lauterbach der
Funke Mediengruppe. Im Herbst seien Massentests nötig.

Eine zweite Welle könnte sich - so die Befürchtungen - vor allem bei
leichtsinnigem Verhalten in der soeben begonnen Sommerreisezeit
aufbauen. Am Freitag starteten gleich sechs Bundesländer in die
Ferien. Einen ersten Vorgeschmack auf die mögliche Entwicklung in den
kommenden Wochen erhielten Badeorte an Nord- und Ostsee vor allem am
Samstag. Bei hochsommerlichen Temperaturen stießen manche durch einen
Touristenansturm an ihre Kapazitätsgrenzen, so etwa Scharbeutz und
Haffkrug an der Ostsee, wo Parkplätze und Strände zeitweise voll
waren. Am Sonntag sorgte ein Wetterumschwung für Entspannung.

Leicht entspannt hat sich nach dem massiven Corona-Ausbruch in einem
Tönnies-Fleischbetrieb auch die Lage im Kreis Gütersloh. Die Behörden

in Nordrhein-Westfalen sehen bisher keine Anzeichen dafür, dass sich
das Virus in größerem Umfang unter der übrigen Bevölkerung verbreit
et
hat. Der Kreis berichtete am Samstag, die Zahl der nachweislich
Infizierten, die keinen direkten Bezug zur Tönnies-Belegschaft haben,
sei zuletzt zwar «merklich» gestiegen. Das liege aber vor allem an
der starken Ausweitung der Tests. Viele der Infizierten zeigten keine
Symptome.

Vom 21. bis 27. Juni sind demnach 107 Fälle in der übrigen
Bevölkerung des Kreises Gütersloh bekannt geworden. Das sind 32 mehr
als am Vortag berichtet. Im Nachbarkreis Warendorf waren nach Angaben
der Behörden nur 2 der 4491 Corona-Tests positiv, die bis
Samstagnachmittag ausgewertet wurden. «Der bisherige Trend zeigt,
dass das Virus nicht auf die allgemeine Bevölkerung übergesprungen
ist», so Landrat Olaf Gericke (CDU) am Abend.

In den Kreisen Gütersloh und Warendorf gelten wegen des
Corona-Ausbruchs in dem Tönnies-Werk mit mehr als 1500 infizierten
Mitarbeitern wieder verschärfte Einschränkungen des öffentlichen
Lebens.

Der Ausbruch hatte zur Folge, dass sich Bund und Länder am Freitag
auf Einschränkungen für Reisende aus Corona-Hotspots einigten. Diese
dürfen nur dann in Hotels und Ferienwohnungen untergebracht werden
oder ohne Quarantänemaßnahme in ein Bundesland einreisen, wenn sie
mit einem Attest nachweisen, dass sie keine Infektion haben.

Thüringen schert dabei aber aus: «Wir werden kein Einreise- und kein
Beherbergungsverbot erlassen», sagte in Erfurt ein Sprecher des
Gesundheitsministeriums. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner
Haseloff (CDU) mahnte daraufhin Einheitlichkeit an. «Ich appelliere
an alle Beteiligten, an diesem Kompromiss festzuhalten», sagte er der
Deutschen Presse-Agentur.