Selbst die Maske entzweit die USA Von Lena Klimkeit, dpa

Die Corona-Krise hat in den USA ein weiteres Indiz für die Spaltung
des Landes hervorgebracht: die Schutzmaske. Der Streit darüber wird
auf höchster politischer Ebene ausgetragen. Einige nehmen es mit
Stil.

Washington (dpa) - Wer Donald Trumps Widerstand gegen die Schutzmaske
verstehen will, muss in seinem Twitter-Feed einen Monat zurückgehen.
Da teilte der US-Präsident ein Foto von Ex-Vizepräsident Joe Biden -

mit Sonnenbrille und schwarzem Mund-Nasen-Schutz. Das Foto ist
überschrieben mit den Worten: «Das könnte helfen zu erklären, warum

Trump in der Öffentlichkeit keine Maske tragen will.» Biden will
Trump bei der Wahl im November seinen Platz im Weißen Haus streitig
machen - und auf dem Weg dorthin lässt Trump keine Gelegenheit aus,
sich über seinen Kontrahenten lustig zu machen. Auch in Sachen Maske
setzt er auf Abgrenzung. «Es ist, als wäre sein ganzes Gesicht
bedeckt. Es ist, als hätte er einen Rucksack über sein Gesicht
gestülpt», sagte Trump kürzlich in einem Interview.

Es gibt wenig, worüber die politischen Lager in den USA nicht
streiten - die Maske ist ein weiterer Beweis dafür. Der
Mund-Nasen-Schutz, der zu Beginn der Pandemie als verzichtbar galt,
aber mittlerweile auch in den USA zum Schutz anderer empfohlen wird,
ist zu einem weiteren Sinnbild für die Spaltung in Amerika geworden.
Das Tragen oder Nicht-Tragen einer Maske sorgt seit Wochen für
Gesprächsstoff - und mal wieder steht Trump dabei im Mittelpunkt.

In den USA gibt es keine landesweite Maskenpflicht. Die
Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt aber seit Anfang April, dass im
Kampf gegen das Coronavirus auch gesunde Menschen ohne Symptome
Stoffmasken in der Öffentlichkeit tragen sollten. Das gilt vor allem
dort, wo es schwierig ist, genügend Abstand zu anderen Menschen zu
halten. Angesichts jüngster Rekordwerte bei den Neuinfektionen in
mehreren Bundesstaaten werden die Appelle an die Bürger dieser Tage
wieder lauter. In Städten wie Washington kann man, ohne Mund und Nase
bedeckt zu haben, weder zum Friseur noch in den Supermarkt.

Trump hatte im April umgehend klargemacht, selbst keine Maske
aufsetzen zu wollen. Vor jeder Reise, die Trump mittlerweile wieder
macht, wird gemutmaßt, ob er dieses Mal doch eine tragen würde - oder

gar dazu gezwungen wird. Trump spielt das Spiel mit: Bei
einem Fabrik-Besuch im US-Bundesstaat Michigan im Mai sagte der
Präsident, er habe bei einem Teil des Fabrikrundgangs eine Maske
getragen, «aber ich wollte der Presse nicht die Freude machen, das zu
sehen». Ein Foto von dem seltenen Moment konnte Trump nicht
verhindern.

Wenige Wochen zuvor hatte sein Vize Mike Pence Kritik auf sich
gezogen, als er bei einem Klinikbesuch als einziger ohne Maske
auftrat und damit eine entsprechende Vorschrift des Krankenhauses
missachtete.

«Es ist eine persönliche Entscheidung», befand Trumps Sprecherin
Kayleigh McEnany kürzlich. Auch sie trage keine Maske - schließlich

werde sie regelmäßig auf das Virus getestet. Dieses Privileg haben
natürlich nur wenige. In der ohnehin erbittert geführten Diskussion
um den richtigen Umgang mit der Krise hat die Haltung des
Weißen Hauses Signalwirkung. Bei Trumps ersten Wahlkampfauftritten
seit der Unterbrechung wegen der Corona-Krise in Oklahoma und Arizona
zeigten sich nur die wenigsten Anhänger mit Masken - und das, obwohl
sie sich in geschlossenen Räumen versammelten, dicht an dicht.

Immer wieder sorgt Trump für Irritationen, wenn er Reporter
auffordert, beim Stellen einer Frage doch bitte die Maske abzunehmen.
Er hält es sogar für möglich, dass Menschen mit den Masken ihre
Missbilligung für ihn zum Ausdruck bringen. «Es könnte sein, ja. Es

könnte sein», sagte Trump auf eine entsprechende Frage in einem
Interview des «Wall Street Journal».

Die Ablehnung der Maske ist für Trumps Gegner Ausdruck davon, dass
der Präsident die Tragweite des Coronavirus noch immer herunterspielt
- trotz der mehr als 125 000 Toten, die die USA im Zusammenhang mit
der Erkrankung Covid-19 zu beklagen haben. «Er ist ein Dummkopf, ein
absoluter Dummkopf», sagte Biden zu Trumps Spott in
einem CNN-Interview. Jeder führende Mediziner der Welt sage, dass man
Masken tragen solle. Für ihn stehe das Tragen einer Maske nicht für
Stärke oder Schwäche, sondern für «Führungsstärke».

Trump sei kein gutes Vorbild, indem er es nicht für nötig halte, eine
Schutzmaske anzulegen, sagte die Sprecherin des Repräsentantenhauses,
die Demokratin Nancy Pelosi. «Nicht, um sich selbst zu beschützen,
wenn er sich unverwundbar fühlt, sondern um andere zu
beschützen. Deswegen tragen wir Masken.» Pelosi wurde in der Krise

längst zur Stilikone erklärt. Sie hat ihren Mund-Nasen-Schutz stets
auf ihr Outfit abgestimmt: Zum gelben Kleid und gelber Kette wählt
sie Gelb-Weiß gepunktet, zum blauen Top und weißen Blazer eine
blaue, zum pinken Hosenanzug eine mit Kirschen bedruckte Maske.

Die politische Einstellung spielt Umfragen zufolge eine Rolle bei der
Akzeptanz der Maske. Im April fand das Meinungsforschungsinstitut
Gallup heraus, dass deutlich mehr Menschen, die sich als Republikaner
bezeichnen oder der Partei nahe stehen, angaben, nie eine Maske in
der Öffentlichkeit zu tragen (46 Prozent). Ihnen gegenüber stehen 83
Prozent der Demokraten und demokratisch gesinnten Befragten, die
angaben, immer oder manchmal eine Maske außerhalb des Hauses zu
tragen. Eine YouGov-Umfrage im Auftrag von Yahoo ergab, dass die
meisten Demokraten (86 Prozent) eine Maskenpflicht unterstützen,
während die meisten Republikaner (54 Prozent) diese ablehnen. Unter
den Trump-Wählern sei die Ablehnung noch größer.