Bund und Länder einigen sich auf neue Corona-Reisebeschränkungen

Die Reisezeit steht vor der Tür und die Menschen in Gebieten mit
starkem Corona-Ausbruch sind verunsichert. Müssen sie ihre Reise
absagen? Nicht, wenn sie eine frischen negativen Corona-Test haben.

Düsseldorf/Berlin (dpa/lnw) - Nachdem die meisten Bundesländer
bereits Einschränkungen für Reisende aus Corona-Hotspots wie dem
Kreis Gütersloh auf den Weg gebracht hatten, gibt es nun eine
Bund-Länder-Einigung dazu: Menschen aus einem Kreis mit hohem
Corona-Infektionsgeschehen dürfen demnach nur dann in einem Hotel
untergebracht werden, wenn ihnen ein ärztliches Zeugnis bestätigt,
dass sie keine Infektion haben. Das geht aus einem Beschluss des
Chefs des Bundeskanzleramtes und der Leiter der Staats- und
Senatskanzleien der Länder vom Freitag hervor. Das benötigte
ärztliche Zeugnis «muss sich auf eine molekularbiologische Testung
stützen, die höchstens 48 Stunden vor der Anreise vorgenommen worden
ist».

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte dazu der Deutschen
Presse-Agentur: «Gut, dass wir nun gemeinsame Regelungen aller Länder

mit dem Bund dafür haben, wie wir Risiko-Vorsorge und Reisefreiheit
miteinander verbinden.»

Nach dem Corona-Ausbruch im Kreis Gütersloh beim Fleischproduzenten
Tönnies hatten die meisten Bundesländer Reise-Einschränkungen für
Menschen aus Corona-Hotspots beschlossen. Laschet betonte: «Die
Unsicherheit und Stigmatisierung bei Reisenden aus Gütersloh in den
letzten Tagen dürfen sich nicht wiederholen. Corona besiegen wir nur
miteinander, nicht gegeneinander.»

Wie die Bundesländer, die Beherbergungsverbote für Menschen aus
deutschen Corona-Risikogebieten erlassen haben, mit diesem Beschluss
umgehen, war zunächst offen. Ausnahmen galten bei diesen Verboten
schon jetzt mit aktuellen negativen Corona-Tests. Bayern als
Vorreiter heißt unterdessen Gäste aus dem ebenfalls stark vom
Tönnies-Ausbruch betroffenen Kreis Warendorf, wo die Infektionen
zurückgegangen sind, schon wieder willkommen. In mehreren
Bundesländern müssen auch die eigenen Bürger, wenn sie aus dem Kreis

Gütersloh nach Hause kommen, in Quarantäne.

Laut dem Beschluss vom Freitag wollen sich Bund und Länder nun dafür
einsetzen, die Testkapazitäten wo nötig weiter auszubauen. Sie werden
die Umsetzung der Maßnahmen in den nächsten zwei Wochen beobachten
und danach über das zukünftige Vorgehen bei neu entstehenden,
besonders betroffenen Gebieten entscheiden, wie es in dem Beschluss
weiter heißt. Die Länder begrüßen es auch, dass das
Bundesgesundheitsministerium eine Kostenübernahme von Tests für
Menschen, die sich in einem sogenannten Hotspot aufhalten oder
aufgehalten haben, möglich gemacht hat.

Die Länder werden nach dem Beschluss in den besonders betroffenen
Gebieten Vorsorge treffen, dass, so wörtlich, «Reisende aus einem
Landkreis oder einer kreisfreien Stadt mit kumulativ mehr als 50
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern innerhalb der letzten 7 Tage
nur dann in einem Beherbergungsbetrieb untergebracht werden dürfen
beziehungsweise ohne Quarantänemaßnahme in ein Land einreisen dürfen,

wenn sie über ein ärztliches Zeugnis in Papier- oder digitaler Form
verfügen, welches bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das
Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorhanden
sind».

Ein aus einem fachärztlichen Labor stammender Befund gelte als
ärztliches Zeugnis. Dieses «muss sich auf eine molekularbiologische
Testung stützen, die höchstens 48 Stunden vor der Anreise vorgenommen
worden ist». Maßgeblich für den Beginn der 48-Stunden-Frist sei der
Zeitpunkt der Feststellung des Testergebnisses.

In dem aktuellen Beschluss heißt es, gerade mit Blick auf die
bevorstehende Urlaubssaison gelte es, bei regionalem
Ausbruchsgeschehen die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine
Wiederausbreitung des Coronavirus durch Reisen innerhalb Deutschlands
zu verhindern. Gleichwohl solle die Reisefreiheit der Bürger sowie
deren Planungssicherheit auch in den von lokalen Ausbruchsgeschehen
betroffenen Gebieten soweit wie möglich erhalten bleiben.

Der Beschluss bestätigt auch frühere Vereinbarungen zwischen den
Regierungschefs der Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vom 6.
Mai, wonach das Krisenmanagement grundsätzlich bei den Ländern liege.
Diese müssten demnach auf regionale Infektionsherde reagieren. Darin
heißt es, bei klar eingrenzbaren Infektionsgeschehen, etwa in einer
Einrichtung, können sich die Beschränkungen auf diese Einrichtung
konzentrieren. «Bei einem verteilten regionalen Ausbruchsgeschehen
und unklaren Infektionsketten müssen allgemeine Beschränkungen
regional wieder konsequent eingeführt werden. Diese Maßnahmen müssen

aufrechterhalten werden, bis dieser Wert mindestens 7 Tage
unterschritten wird.»

NRW-Ministerpräsident Laschet verteidigte indessen den Lockdown für
die Kreise Gütersloh und Warendorf. Man habe «intensiv abgewogen, ob
man einzelne Städte aus dem Kreis aus den Regelungen herausnehmen
kann, wofür es viele gute Gründe gibt», sagte Laschet den
«Westfälischen Nachrichten» (Samstag). Die Verabredung der Länder m
it
der Bundesregierung und dem Robert Koch-Institut sehe aber bewusst
Regeln für das gesamte Kreisgebiet vor. «Für die Zukunft wird man da

vielleicht über neue Mechanismen nachdenken müssen», so Laschet.

In den Kreisen Warendorf und Gütersloh gibt es in vielen Gemeinden
Unverständnis darüber, dass angesichts sehr geringer Infektionszahlen
alle Gemeinden mit insgesamt rund 600 000 Einwohnern in den Lockdown
mussten - auch wenn sie räumlich sehr weit vom Schlachtbetrieb
entfernt liegen.