Opernchef Bachler: «Kunstministerium ist Gesundheitsamt geworden»

Im Streit um Corona-Auflagen für Kultureinrichtungen geht der
Münchner Opernintendant Bachler auf das bayerische Kunstministerium
los. Minister Sibler zeigt sich von der Kritik verwundert.

München (dpa/lby) - Die Bayerische Staatsoper fühlt sich in der
Corona-Krise vom Kunstministerium allein gelassen. «Die Aufgabe eines
Kunstministeriums ist, Kunst zu ermöglichen und davon war in diesen
Monaten nichts zu bemerken», sagte Opernintendant Nikolaus Bachler im
Interview der «Süddeutschen Zeitung» (Freitagsausgabe). «Es ist zu

einem verlängerten Gesundheitsamt geworden. Wenn überhaupt was aus
dem Ministerium kam, dann waren das Hygieneverordnungen.»

Bachler hätte sich vom Haus des CSU-Ministers Bernd Sibler mehr
erwartet: «Meine Vorstellung von einem Kunstministerium wäre, gerade
in der Krise nach Möglichkeiten und Wegen für die
Kunst zu suchen. Das ist aber hier nicht der Fall.»

Kunstminister Sibler reagiert verwundert auf die Kritik: «Für mich
ist das nicht nachvollziehbar. Wie mit den anderen Verantwortlichen
und Intendanten bin ich auch mit Herrn Bachler im ständigen
Austausch», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben alle
Schritte gemeinsam besprochen.»

Das Virus mache eben keinen Bogen um kulturelle Einrichtungen. «Daher
waren wir uns einig, dass der Gesundheitsschutz der Künstlerinnen und
Künstler und der Bevölkerung an erster Stelle stehen muss. Auf dem
Höhepunkt der Pandemie gab es keine Alternative, als die
Einrichtungen in Bayern zu schließen», sagte Sibler. «Nur dank der
schnellen Reaktion zu Beginn der Krise haben wir jetzt die
Möglichkeit, wieder zu öffnen.»

Bachler, der die Staatsoper im kommenden Jahr nach einer sehr
erfolgreichen Amtszeit verlässt, kritisierte in der «Süddeutschen
Zeitung» außerdem, er könne nicht verstehen, warum Kunst- und
Kulturveranstaltungen übermäßig reguliert werden und andere Bereiche

nicht. «Wenn ich höre, dass im Herbst Messen geöffnet werden: Gegen
das Gewusel auf einer Messe sind wir ein Hochsicherheitstrakt. Dieses
Missverhältnis werte ich schon besorgt als ein Desinteresse.» Bachler
fügte hinzu: «Unser Publikum ist das artigste unter der Sonne.»

Die Oper habe in den vergangenen Wochen wegen der Corona-Krise
mehrfach überraschenden Besuch bekommen. «Die Polizei war einige Male
hier, auch eine neue Erfahrung», sagte Bachler. Hintergrund waren
angebliche Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen. «Es blieb übrigen
s
alles folgenlos, da nichts zu beanstanden war», betonte Bachler. «Die
Staatsoper ist ein großes Haus. Große Institute haben die Neigung zu
diffundieren. Da bleiben wenige Geheimnisse im Haus.»