IWF senkt globale Wirtschaftsprognose wegen Corona-Krise erneut Von Jürgen Bätz, dpa

Es ist die schwerste globale Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Die
Corona-Pandemie führt auch in Industrieländern zu einem verheerenden
Wachstumseinbruch. Für nächstes Jahr gibt es aber Hoffnung.

Washington (dpa) - Die Coronavirus-Pandemie führt dem Internationalen
Währungsfonds (IWF) zufolge zu einer schweren globalen Rezession, die
einen bedeutenden Anstieg von Armut und Arbeitslosigkeit auslösen
wird. In einer am Mittwoch vorgestellten Konjunkturprognose rechnet
der IWF für 2020 mit einem Einbruch der Weltwirtschaftsleistung um
4,9 Prozent. Im April hatte der IWF noch einen Rückgang um 3 Prozent
vorhergesagt. Im Januar, also vor der weltweiten Verbreitung des
Coronavirus, rechnete der IWF sogar noch mit 3,3 Prozent Wachstum.

Die Gruppe der Industrieländer wird dem IWF zufolge besonders von der
Corona-Krise betroffen sein. Für die Länder der Eurozone geht der IWF
für 2020 von einem dramatischen Wirtschaftseinbruch von 10,2 Prozent
aus - fast drei Prozentpunkte mehr als noch im April angenommen. Für
Frankreich, Italien und Spanien prognostiziert der IWF in diesem Jahr
nun einen deutlich schlimmeren Einbruch um jeweils mehr als 12
Prozent. Für die USA, die weltgrößte Volkswirtschaft, erwartet der
IWF einen Rückgang um 8 Prozent (April-Prognose: 6,1 Prozent).

In Deutschland soll das Bruttoinlandsprodukt um 7,8 Prozent
schrumpfen, wie der IWF mitteilte. Im April war der Währungsfonds
noch von 7 Prozent ausgegangen. Zum Vergleich: Die
«Wirtschaftsweisen» des Sachverständigenrats der Bundesregierung
rechneten in ihrer Prognose vom Dienstag für 2020 mit einem Rückgang
um 6,5 Prozent.

Der globale Wirtschaftseinbruch bedeutet «einen katastrophalen Schlag
für den Arbeitsmarkt», erklärte der IWF. Besonders betroffen davon
seien die ärmeren und weniger gebildeten Arbeitnehmer, die meist
nicht von Zuhause arbeiten könnten, hieß es weiter. Wegen der
Pandemie würden viele Menschen erneut in die Armut abrutschen. Auch
die zeitweise Schließung von Schulen treffe Kinder in ärmeren Staaten
besonders hart, erklärte der IWF.

Obwohl die Corona-Krise die Wirtschaft mehr in Mitleidenschaft
gezogen hat, als noch im April angenommen, rechnet der IWF für
kommendes Jahr weiterhin mit einer Erholung. Die globale Wirtschaft
soll demnach 2021 um 5,4 Prozent zulegen - das wären 0,4
Prozentpunkte weniger als im April prognostiziert. Die Länder der
Eurozone sollen um 6 Prozent wachsen, Deutschlands Wirtschaft um 5,4
Prozent. Der IWF betonte zugleich, dass die neue Prognose wegen der
anhaltenden Pandemie mit größerer Unsicherheit behaftet sei.

Die in Washington ansässige Organisation warnte zudem, dass sich die
Lage auf den Finanzmärkten trotz der Interventionen von Zentralbanken
wieder zuspitzen könnte. Die jüngste positive Entwicklung der Märkte

«scheint nicht mit den Veränderungen der zu Grunde liegenden
wirtschaftlichen Aussichten zusammenzuhängen», warnte der IWF. Sollte
es zu einer erneuten Zuspitzung der Lage an den Märkten kommen wie zu
Anfang des Jahres, drohten auch Schuldenkrisen, hieß es weiter.

Der IWF hat seit Beginn der Corona-Krise bereits an viele
Entwicklungs- und Schwellenländer Nothilfen vergeben, um deren
Wirtschaft und Wechselkurs zu stützen. Die Finanzierungen umfassen
bislang rund 25 Milliarden US-Dollar. Zu den größten Empfängern
gehörten unter anderem Ägypten, Pakistan, Nigeria und Ghana.

Der jüngsten IWF-Prognose zufolge soll die Wirtschaft in Indien in
diesem Jahr um 4,5 Prozent schrumpfen, eine Herabstufung der Prognose
um ganze 6,4 Prozentpunkte. Für China wiederum, die zweitgrößte
Volkswirtschaft der Welt, prognostiziert der IWF 1 Prozent Wachstum.

Die ebenfalls in Washington ansässige Weltbank hatte Anfang Juni für
dieses Jahr einen Rückgang der globalen Wirtschaft um 5,2 Prozent
prognostiziert. Das wäre nach Angaben der Weltbank die schwerste
globale Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Sollte die Pandemie in
der zweiten Jahreshälfte weitgehend unter Kontrolle gebracht werden
können, könne es 2021 ein Wachstum von 4,2 Prozent geben, hieß es.