Patientenschützer schlagen Neuregelung zur Suizidhilfe vor

Ein wegweisender Spruch der Karlsruher Verfassungsrichter hat der
Politik neue Möglichkeiten eröffnet, Regeln für zulässige Formen de
r
Sterbehilfe festzulegen. Eine Diskussion darüber läuft jetzt an.

Berlin (dpa) - Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur
Sterbehilfe schlagen Patientenschützer eine Neuregelung vor, die
organisierte Angebote nach den Kriterien des Richterspruchs zulässt.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
sagte der Deutschen Presse-Agentur, ohne Zweifel sei es wichtig, auch
die Unterstützung über die Pflege, Palliativmedizin, Hospizarbeit und
Psychotherapie auszubauen. «Aber selbst das wird nicht alle
Suizidwilligen überzeugen, und auch für sie gilt das
Selbstbestimmungsrecht.»

Das Verfassungsgericht hatte Ende Februar das seit 2015 bestehende
Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt - es verletze das
Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben. «Geschäftsmäßig
»
hat dabei nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet «auf Wiederholung
angelegt». Das Urteil stößt eine Tür für organisierte Angebote au
f.
Die Richter stellten aber die Möglichkeit zu Regulierungen heraus -
denkbar sind etwa Beratungspflichten und Wartefristen.

Die Stiftung Patientenschutz schlägt einen neuen Paragrafen im
Strafgesetzbuch vor, der profitorientierte Suizidhilfe verbietet.
Dafür solle eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe
vorgesehen werden, erläuterte Brysch. Zulässig sein sollen demnach
aber organisierte Angebote nach den Maßstäben des Urteils. «Die
Entscheidung ist in freier Selbstbestimmung dauerhaft zu treffen.»

So müssten sich Suizidhelfer mit eigener Sachkunde vergewissern und
schriftlich niederlegen, dass ein Suizidwilliger vor einem Entschluss
zureichend über realistische Handlungsmöglichkeiten aufgeklärt wurde.

Sie hätten dafür zu sorgen, dass ein Sterbewilliger seinen Entschluss
nach deutlicher Abwägung des Für und Wider unter Anspannung seiner
geistigen Kräfte gefasst hat. Helfer müssten zudem sicherstellen,
dass es von dritter Seite weder Druck noch Einflussnahme gibt. Bei
Verstoß gegen diese Maßstäbe sollen bis zu drei Jahre Haft drohen.

Grundsätzlich straffrei bleiben sollen demnach Angehörige, die
Suizidhelfer unterstützen. Brysch betonte zudem: «Gesetzlich
festgeschriebene Aufklärungs- und Wartepflichten sind ungeeignet.»
Weder könnten Gewissensentscheidungen von Dritten überprüft noch
starre Fristen vom Gesetzgeber sinnvoll festgelegt werden.

Konkret geht es um assistierte Sterbehilfe - dabei wird das tödliche
Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es selbst
ein. Aktive Sterbehilfe - also Tötung auf Verlangen, etwa durch eine
Spritze - bleibt verboten. Nach dem Urteil hatte
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Gespräche über mögliche
Neuregelungen angekündigt und Verbände zu Vorschlägen aufgerufen.