Streit um Corona-Milliarden-Finanzhilfen eskaliert im Landtag

Bei einem halben Dutzend Gesprächen versuchten die Regierung und die
Opposition von SPD und FDP, sich auf Corona-Finanzhilfen zu einigen.
Vergeblich. Nun wird der Streit erbittert im Parlament ausgetragen.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Im Streit um die milliardenschweren
Corona-Finanzhilfen für Hessen sind die Landesregierung und die
Opposition im Landtag heftig aneinandergeraten. Der Parlamentarische
Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph, warf Schwarz-Grün

am Dienstag «Machtmissbrauch» und «brutalstmögliche Aushebelung von

Parlamentsrechten» vor. Sein FDP-Amtskollege Jürgen Lenders nannte
die Pläne der Koalition einen «Wortbruch an den Hessen». Im Gegenzug

erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion,
Holger Bellino, die Opposition betreibe «billigen Populismus».

Zuvor waren mehrere Gesprächsrunden zwischen der Landesregierung und
den Fraktionen von SPD und FDP über das geplante milliardenschwere
Sondervermögen in Höhe von zwölf Milliarden Euro gescheitert. CDU und

Grüne kündigten in Wiesbaden als Konsequenz daraus an, mit einer
Gesetzesänderung die Möglichkeit für den kreditfinanzierten
Coronafonds schaffen zu wollen - ohne die Stimmen der Opposition.

Für die geplanten Finanzhilfen muss die in der Verfassung verankerte
Schuldenbremse außer Kraft gesetzt werden. Dies ist in Ausnahmefällen
möglich, etwa bei weitreichenden Krisen wie der Corona-Pandemie. Aus
dem Corona-Sondervermögen sollen gebündelt bis Ende 2023 vor allem
Steuerverluste des Landes und der Kommunen ausgeglichen werden.

Bislang ist im Ausführungsgesetz für die Schuldenbremse jedoch
verankert, dass sie nur mit Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit im
Landtag gelockert werden darf. Die Landesregierung ist also zumindest
auf die Stimmen der SPD-Fraktion angewiesen. Diesen
Zweidrittel-Passus will Schwarz-Grün nun tilgen und das Gesetz mit
der einfachen Mehrheit der Regierungskoalitionen ändern.

Nach den Vorstellungen der Landtagsopposition sollte das Geld zur
Bewältigung der Corona-Krise jeweils in Nachtragshaushalten bereit
gestellt werden, um besser auf aktuelle Entwicklungen und neue
Steuerschätzungen reagieren zu können. Sie sieht in dem
Sondervermögen einen «Schattenhaushalt», der der Kontrolle des
Landtags weitgehend entzogen sei.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser sagte, Schwarz-Grün wolle
die Corona-Krise ausnutzen, um an ein Wahlkampfbudget für die nächste
Landtagswahl zu kommen. Der FDP-Fraktionschef René Rock warf der
Landesregierung vor, sich mit dem Schuldenberg von einer
generationengerechten Politik zu verabschieden. Auch die Linke- und
die AfD-Fraktion kritisierten den Alleingang der Landesregierung
massiv. Die Liberalen schlossen nicht aus, das geplante Vorgehen beim
Staatsgerichtshof überprüfen zu lassen.

Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) verwies darauf, dass die
hessische Landesregierung bei ihren Finanzplänen zur Bekämpfung der
Corona-Krise einen ähnlichen Weg einschlagen wolle wie die
Bundesregierung. «Das Coronavirus und seine Folgen kennen keine
Haushaltsjahre», erklärte die Vorsitzende der CDU-Fraktion, Ines
Claus. Der Grünen-Fraktionschef, Mathias Wagner, betonte, das
Sondervermögen stehe für «Verlässlichkeit, Planbarkeit und
Sicherheit». Das für die Umsetzung notwendige Gesetzespaket soll noch
vor der Sommerpause im Landtag verabschiedet werden. Dazu sind
Sondersitzungen des Parlaments geplant.