Nach Corona-Ausbruch bei Tönnies zeichnen sich weitere Maßnahmen ab

Der Schlachtbetrieb von Tönnies ist geschlossen, Tausende Menschen
stehen unter Quarantäne, Schulen und Kitas sind dicht. Ob das reicht,
um den Corona-Ausbruch einzudämmen, prüfen Politik und Wissenschaft.
Auch der Gütersloher Landrat hält einen Lockdown für vorstellbar.

Gütersloh/Düsseldorf (dpa/lnw) - Nach dem Corona-Ausbruch beim
Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück mit inzwischen mehr
als 1500 nachweislich infizierten Mitarbeitern geht die Diskussion um
weitere Schutzmaßnahmen bis hin zu einem regionalen Lockdown weiter.

An diesem Dienstag ist eine Kabinettssitzung in Düsseldorf geplant.
Ein Thema der Landesregierung dürfte dabei die aktuelle Situation im
Kreis Gütersloh sein. Fachleute des Robert Koch-Instituts und andere
Wissenschaftler sind im Kreis Gütersloh nach Angaben der Behörden im
Einsatz. «Deren Empfehlungen folgen weitere Maßnahmen», hatte
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bereits am Montag über Twitter
angekündigt, ohne Details zu nennen.

Inzwischen hält auch der Gütersloher Landrat Sven-Georg Adenauer
(CDU) einen Lockdown in der Region für vorstellbar. «Ich würde sagen

ja», sagte Adenauer am Montagabend auf die Frage, ob es nach einem
Lockdown «rieche». Die mobilen Teams, die in den Wohnungen und den
Unterkünften unterwegs seien und auch Familienangehörige ansprächen,

stießen jetzt in ein gewisses Dunkelfeld. Sie hätten einige positive
Fälle gefunden. Eine Zahl wollte der Landrat noch nicht nennen, da
ausgeschlossen werden solle, dass es hier doppelte Zählungen gebe.

Die Zahl der nachweislich infizierten Tönnies-Mitarbeiter ist weiter
gestiegen. Es gebe 1553 positive Befunde von den Personen, die
unmittelbar im Werk tätig sind, sagte der Leiter des Krisenstabes im
Kreis Gütersloh, Thomas Kuhlbusch. 6650 Proben seien genommen worden.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte einen kurzen
Lockdown mit massiven Tests in der Region Gütersloh. Laschet verwies
auf Twitter darauf, dass Schulen und Kitas im Kreis Gütersloh bereits
vorsorglich geschlossen sind. Die Quarantäne werde konsequent für
7000 Menschen durchgesetzt, auch für Nicht-Infizierte, die in Kontakt
waren, erklärte der Regierungschef. Im betroffenen Tönnies-Werk, der
größten deutschen Fleischfabrik, ruhe außerdem der Betrieb.

Der ebenfalls vom Corona-Ausbruch bei Tönnies betroffene Kreis
Warendorf hält trotz des bislang höchsten Anstiegs bei den
Infizierten einschränkende Maßnahmen für die übrige Bevölkerung
derzeit nicht für erforderlich. Im Gesundheitsamt seien am
Montagnachmittag 72 weitere positive Corona-Testergebnisse für
Mitarbeiter der Firma Tönnies eingegangen, teilte der Kreis am Abend
mit. Damit sei die Zahl der seit dem Corona-Ausbruch im Tönnies-Werk
infizierten Mitarbeiter, die im Kreis Warendorf leben, auf 212
angestiegen.

«Das ist der mit Abstand höchste Anstieg, den wir in der Pandemie
bislang hatten», erklärte Landrat Olaf Gericke (CDU). Das gesamte
Infektionsgeschehen im Kreisgebiet sei auf den Ausbruch im
Tönnies-Werk zurückzuführen. «Da wir derzeit keine Anzeichen für
ein
Überspringen der Infektionen auf die übrige Bevölkerung sehen, sind
einschränkende Maßnahmen derzeit nicht erforderlich», erklärte er.

Mit Quarantäne und weiteren Maßnahmen sollen Infektionsketten so früh

wie möglich unterbrochen werden. Das Hauptaugenmerk gelte jetzt der
Ermittlung und Testung von Kontaktpersonen der Tönnies-Mitarbeiter.

Der Warendorfer Landrat appellierte an die Bürger, «weiterhin
vorsichtig zu sein und die bekannten Abstands- und Hygieneregeln
einzuhalten». Zudem würden auch im Kreis Warendorf kostenfreie
Corona-Tests ermöglicht für alle, die in besonders betroffenen Orten
wohnten oder sich verständlicherweise Sorgen machten - etwa, weil sie
Kontakt zu Tönnies-Mitarbeitern hatten. Solche Tests seien an
zentralen Standorten möglich und die Kosten würden von Tönnies
übernommen. Dazu habe sich das Unternehmen ausdrücklich verpflichtet.