75 Jahre Potsdamer Konferenz - Sonderschau erinnert an die Folgen

Da es im kriegszerstörten Berlin keinen geeigneten Tagungsort mehr
gab, versammelten sich die Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg in
Potsdam zur Konferenz. Eine Ausstellung im Schloss Cecilienhof rückt
neben den «Großen Drei» die Schicksale von Betroffenen in den Blick.


Potsdam (dpa/bb) - Die Britin Joy Milward kam mit 19 Jahren als
Sekretärin der Delegation des britischen Premierministers Winston
Churchill nach Potsdam und hielt ihre Eindrücke in einem Tagebuch
fest. Zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz der Siegermächte
Sowjetunion, USA und Großbritannien führen ihre Eintragungen, Bilder,
Zeitungsausschnitte und ein Film-Interview mit der inzwischen
94-Jährigen Joy Hunter die Besucher durch die Ausstellung «Potsdamer
Konferenz 1945 - Die Neuordnung der Welt» - an der historischen
Konferenzstätte im Schloss Cecilienhof.

Nach wochenlanger Verzögerung wegen der Corona-Krise soll die
Ausstellung von Dienstag an bis zum Jahresende in dem zuletzt
erbauten Hohenzollernschloss zu sehen sein. Dort hatten die
Staatenlenker Josef Stalin, Harry Truman und Winston Churchill
(später abgelöst durch seinen Nachfolger Clement Attlee) vom 17. Juli
bis zum 2. August 1945 in 13 Sitzungen die Aufteilung Deutschlands,
Europas und der Welt beschlossen. Zu sehen sind neben der
Dauerausstellung weitere Bilder und Dokumente von Teilnehmern. Auf
der Terrasse sind Nachbildungen der Korbstühle zu sehen, in denen die
«Großen Drei» für ein offizielles und inzwischen weltbekanntes Foto

posierten.

In den nächsten Wochen werde die damalige Sekretärin Joy Hunter als
Zeitzeugin auch persönlich im Schloss Cecilienhof erwartet,
berichtete der Kurator der Ausstellung, Matthias Simmich, am Montag
bei einer Vorbesichtigung. Die 94-Jährige erinnere sich noch lebhaft
an das Ereignis, berichtete Simmich. «Sie schildert das Geschehen,
als wenn es gestern gewesen wäre.» Sie habe allerdings stets nur im
Haus der britischen Delegation in einer Babelsberger Villa
gearbeitet, erzählte Simmich. «Sie hat einmal versucht, ins Schloss
zu kommen, aber dafür fehlte ihr die höchste Sicherheitsstufe.»

In der Schau wird auch das Schicksal der rund 14 Millionen deutschen
Vertriebenen aus den ostpreußischen Gebieten, Schlesien und dem
Sudentenland anhand von einzelnen Familien illustriert. So ist etwa
die Taschenuhr zu sehen, die der damals 70-jährige Friedrich Biella
auf der Flucht bei sich trug oder der Ahnenpass eines
anderen Vertriebenen, der dieses amtliche Dokument aus der Nazi-Zeit
für den Neuanfang in Deutschlands neuen Grenzen bei sich trug. So
sollen den Besuchern die Auswirkungen der weltpolitischen
Entscheidungen für die Einzelnen erfahrbar gemacht werden.

Auch die folgenden Ereignisse wie der Atombomben-Abwurf auf
Hiroshima, die Gründung des Staates Israel und der Korea-Krieg werden
zum Schluss der Schau mit historischen Ausstellungsstücken und anhand
von Einzelschicksalen thematisiert. Zu sehen ist etwa die Replik der
Lunchbox eines zwölfjährigen Schülers, dessen Leiche nach der
Atombombenexplosion in Hiroshima nie gefunden wurde - neben einer
Glasflasche, die durch die enorme Hitzeeinwirkung verformt worden
war.

Auch die Besucher können ihre persönlichen Erinnerungen in der
Ausstellung teilen. Die Schlösser-Stiftung ruft dazu auf, Fotos von
persönlichen Erinnerungsstücken an Flucht, Vertreibung und Umsiedlung

mit der zugehörigen persönlichen Geschichte einzusenden. Diese sollen
im Schloss in einer Medienstation zugänglich gemacht werden.