Staatliches Rettungspaket für Lufthansa wackelt

Nach wochenlangen Verhandlungen haben Bundesregierung und Lufthansa
ein umfangreiches Rettungspaket geschnürt. Ob die Aktionäre dem Plan
zustimmen, ist allerdings ungewisser denn je.

Frankfurt/Main (dpa) - Das neun Milliarden Euro schwere staatliche
Rettungspaket für die Deutsche Lufthansa wackelt. Drei Tage vor der
außerordentlichen Hauptversammlung blieb am Montag die Strategie des
Großaktionärs Heinz Hermann Thiele weiterhin unklar. Auch in den
Verhandlungen mit den Gewerkschaften um Sparbeiträge der
Beschäftigten zeichnete sich noch keine Einigung ab. Am ersten
Börsentag nach dem Abstieg aus dem Leitindex Dax musste die Aktie
zudem wegen der Unsicherheiten deutliche Kursabschläge hinnehmen.

Laut Berichten mehrerer Medien wollten in Berlin Regierungsvertreter
mit dem Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele und
Lufthansa-Chef Carsten Spohr zusammenkommen. Der 79 Jahre alte
Milliardär hatte sich in den vergangenen Monaten mehr als 15 Prozent
der Lufthansa-Aktien gesichert. Da laut Spohr weniger als 38 Prozent
der Stimmrechte bei der Hauptversammlung am Donnerstag vertreten
sind, könnte er allein den geplanten Staatseinstieg verhindern. In
einem FAZ-Interview hatte er sich kritisch zur geplanten
20-Prozent-Beteiligung des Bundes geäußert.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigte erneut das
staatliche Rettungspaket. «Wir hatten eine sehr gute Diskussion mit
dem Lufthansa-Management und haben einen sehr guten Plan entwickelt,
über den es auch Einigung mit Brüssel gibt», sagte Scholz am Montag
bei einer Konferenz in Frankfurt, zu der sich der Minister per Video
aus Berlin zuschaltete. «Der Plan ist wohlüberlegt.»

Parallel ging das Ringen um Einsparungen beim Personal weiter.
Unternehmen und Gewerkschaftsvertreter bestätigten nur die
Fortsetzung der Verhandlungen am Montag, wollten aber keinen
Zeitpunkt für eine mögliche Einigung mehr nennen. Ursprünglich war
dieser Montag als Termin avisiert worden, um die Ergebnisse noch vor
der Hauptversammlung präsentieren zu können.

Der von der Corona-Krise hart getroffene Konzern hat wegen der
dauerhaft geringeren Nachfrage den weltweiten Personalüberhang auf 22
000 Stellen beziffert. Davon entfallen rund 11 000 Stellen auf
Deutschland. Bei den Verhandlungen sollen nun Maßnahmen vereinbart
werden, um möglichst viele Mitarbeiter an Bord zu halten. Das sind
zum Beispiel ausgeweitete Teilzeitmodelle und der Verzicht auf
Gehaltssteigerungen und Zulagen. Beteiligt sind die Gewerkschaften
Verdi, Ufo und Vereinigung Cockpit, die bereits verschiedene
Sparvorschläge unterbreitet haben.

Die Sorgen um das Rettungspaket drückten die Anteile des
Dax-Absteigers zwischenzeitlich deutlich um bis zu 9 Prozent, im
weiteren Tagesverlauf erholte sich der Kurs aber wieder. Heftige
Verluste während des Corona-Crashs hatten dazu geführt, dass die
Papiere des größten Luftverkehrskonzerns Europas ihren Platz im
deutschen Leitindex räumen mussten und nun dem MDax der mittelgroßen
Werte angehören.

Der Konzern mit 138 000 Beschäftigten rechnet damit, dass die
Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft. Derzeit
hebt nur ein kleiner Teil der Lufthansa-Flotte zu Reisezielen ab. Im
ersten Quartal brockte die Corona-Krise dem Konzern einen Verlust von
2,1 Milliarden Euro ein; die Geldreserven schwinden schnell.