SPD-Fraktion will mit Landarztquote junge Mediziner aufs Land locken

Überalterung bei Ärzten und ihren Patienten könnte in Thüringen zu

einem Problem werden, vor allem auf dem Land. Die SPD-Fraktion will
deshalb mehr Studienplätze und eine Landarztquote. Anreize soll es
bei der Studienplatzvergabe geben - aber nicht nur da.

Erfurt (dpa/th) - Nach Ansicht der Thüringer SPD-Fraktion sollte die
Zahl der Medizinstudienplätze in Thüringen um zehn Prozent angehoben
werden. Ein entsprechender Antrag soll nach dpa-Informationen am
Dienstag mit den Koalitionspartnern Linke und Grünen besprochen
werden. Vorstellungen der Sozialdemokraten zufolge soll der Ausbau
der Studienplatzkapazitäten für das Wintersemester 2021/22 umgesetzt
und dafür Mittel im Landeshaushalt bereitgestellt werden. Nach
Angaben der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion,
Cornelia Klisch, würde es dabei um rund fünf Millionen Euro gehen.

Weil Linke, SPD und Grüne zusammen nicht genügend Stimmen für eine
Mehrheit im Parlament haben, müsste auch die CDU dem Vorhaben
zustimmen - und die Mittel dafür im Haushalt absegnen. Klisch
kündigte an, auch mit der CDU und der FDP über das Thema reden zu
wollen.

Der SPD-Antrag, der dpa vorliegt, sieht auch vor, dass die Einführung
einer Landarztquote geprüft werden soll. Die Idee: Fünf Prozent aller
Studienplätze für angehende Allgemeinmediziner würden an Bewerber
vergeben, die sich verpflichten, nach ihrem Abschluss auf dem Land zu
praktizieren. Damit könnten etwa Bewerber deutlich bessere Chancen
auf einen Studienplatz bekommen, deren Notendurchschnitt im normalen
Verfahren nicht ausreichte.

«Nur etwa ein Viertel der Thüringer Medizinstudenten kommen aus
Thüringen. Viele gehen nach dem Studium wieder weg», sagte Klisch.
Dabei sei absehbar, dass im Freistaat in Zukunft Allgemeinmediziner
fehlen werden, weil viele Ärzte in den kommenden Jahren in den
Ruhestand wechseln werden. Der Mangel könnte vor allem ländliche
Regionen treffen. «In den nächsten zehn Jahren haben wir einen Bedarf
an 1200 Ärzten in der ambulanten Versorgung», sagte Klisch.

Hinzu komme die demografische Entwicklung. «Wir haben eine höhere
Alterslast und dadurch eine höhere Krankenlast.» Nur die Anzahl der
Studienplätze zu erhöhen, wäre ihrer Meinung nach zu kurz gedacht.
«Man braucht ein Paket, damit die Studenten daran interessiert sind,
hier zu bleiben», betonte die SPD-Politikerin, die auch Vorsitzende
des Sozial- und Gesundheitsausschusses ist.

Ein weiterer Anreiz könnte nach Meinung des hochschulpolitischen
Sprechers der SPD-Fraktion, Lutz Liebscher, eine finanzielle
Unterstützung für Medizinstudenten sein, die ihr praktisches Jahr in
einer Klinik absolvieren, die in einer Region mit Ärztemangel liegt.
«Wir denken darüber nach, wie ein Anreiz geschaffen werden kann, dass
die Studenten ihr praktisches Jahr nicht nur in Jena absolvieren,
sondern auch in anderen Kliniken», sagte Liebscher am Sonntag.

Der Antrag sieht weiter vor, dass eine Aufstockung der Studienplätze
für Zahnmedizin geprüft werden soll - ebenfalls um zehn Prozent. Eine
Kapazitätssteigerung bei Pharmaziestudienplätzen soll geprüft und der

Finanzbedarf dafür berechnet werden. Außerdem soll eine Werbekampagne
konzipiert werden, die Ärzte verstärkt in die unterversorgten
ländlichen Gebiete locken soll.

Die CDU-Fraktion begrüßte den Vorstoß der Sozialdemokraten. Sie
fordere schon seit Längerem, einen Teil der Medizinstudienplätze an
Studenten zu vergeben, die nach ihrem Studium in Thüringer
Landarztpraxen arbeiten wollen. «Seit Jahren blockiert der
SPD-Wissenschaftsminister Tiefensee einen Ausbau der
Medizinstudienplätze», warf der gesundheitspolitische Sprecher der
CDU-Fraktion, Christoph Zippel, dem Wissenschaftsminister Wolfgang
Tiefensee (SPD) vor. «Die Landarztquote ist kein Allheilmittel, aber
sie ist ein wichtiges Instrument für mehr Mediziner im ländlichen
Raum», sagte Zippel.

Seiner Meinung nach fehle es in Thüringen nicht nur an jungen Ärzten,
sondern auf mittlere Sicht auch an Apothekernachwuchs. «Auch die
Pharmaziestudienplätze müssen zügig erhöht und die Absolventen in
Thüringen gehalten werden», forderte Zippel. Zudem schlägt die
CDU-Fraktion für Studienbewerber im Bereich Pharmazie erleichterte
Zugangsbedingungen vor, wenn die angehenden Studenten ehrenamtliches
Engagement insbesondere im medizinischen oder pflegerischen Bereich
vorweisen können.