Gütersloh, Göttingen, Kassel - Corona-Ausbrüche sorgen für Probleme

Die Zahl binnen 24 Stunden erfasster Neuinfektionen mit dem
Coronavirus ist so hoch wie seit einem Monat nicht mehr. In mehreren
Regionen wird nach Infektionswellen intensiv gegen eine Ausbreitung
gekämpft - in Ostwestfalen hilft dabei nun auch die Bundeswehr.

Berlin (dpa) - Corona-Ausbrüche in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen
und Hessen stellen die Behörden vor große Herausforderungen. Im Kreis
Gütersloh (NRW) trafen am Freitag 25 Soldaten am Tönnies-Werk in
Rheda-Wiedenbrück ein, um erste Tests durchzuführen. Der Kreis hatte
die Bundeswehr wegen des Corona-Ausbruchs bei dem
Schlachtereiunternehmen um Unterstützung gebeten. 13 der Helfer sind
als Sanitätssoldaten vor Ort, 12 zur Dokumentation.

In dem ostwestfälischen Landkreis sind Reihentests in großem Maßstab

angeordnet. Allein im Tönnies-Stammwerk müssen in den nächsten Tagen

noch Tausende Mitarbeiter getestet werden. Am Mittwoch war bekannt
geworden, dass Hunderte Mitarbeiter des Schlachtbetriebs mit
Sars-CoV-2 infiziert sind. In der Folge wurden in der Region Schulen
und Kitas geschlossen, etliche Menschen mussten in Quarantäne. Von
einem Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums hieß es am Freitag,
es komme jetzt darauf an, möglichst schnell die Infektionsketten zu
unterbrechen.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schloss einen regionalen
Lockdown nicht mehr aus. Derzeit könne das Infektionsgeschehen noch
lokalisiert werden. «Sollte sich dies ändern, kann auch ein
flächendeckender Lockdown in der Region notwendig werden», sagte er
am Freitagabend in Düsseldorf. Er sprach von einem massiven
Ausbruchsgeschehen. Bis zum Freitagabend wurden 803 Infizierte
registriert, es stehen aber noch etliche Tests aus.

Zu Versorgungsengpässen wird die vorübergehende Schließung des
größten deutschen Schlachtbetriebs von Tönnies nach
Experten-Einschätzung wohl nicht führen. «Fleisch wird in Deutschland

nicht knapp, auch nicht Schweinefleisch», sagte Tim Koch von der
Agrarmarkt Informations-Gesellschaft in Bonn. In Rheda-Wiedenbrück
werden nach Angaben von Tönnies sonst pro Tag etwa 20 000 Schweine
geschlachtet und zerlegt.

Auch die Stadt Göttingen steht mit einem erneuten Corona-Ausbruch vor
Herausforderungen. «Wir müssen jetzt hoffen, dass alle in dieser
Ausnahmesituation einen kühlen Kopf bewahren», sagte Christian
Hölscher von der Jugendhilfe Göttingen am Freitag. Innerhalb von zwei
Tagen seien knapp 120 Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt
worden, teilte die Stadt mit.

Die Behörden hatten die betroffene Wohnanlage in der Innenstadt am
Donnerstag unter Quarantäne gestellt. Rund 700 Bewohner sind
betroffen. Es handele sich um «ein lokales, aber massives
Infektionsgeschehen», erklärte Niedersachsens Sozialministerin Carola
Reimann (SPD). «Diese Ereignisse zeigen uns immer wieder, dass die
Pandemie nicht vorbei ist.»

In Kassel sind unterdessen nach etwa 20 Corona-Nachweisen in einer
Geflüchtetenunterkunft rund 60 Menschen in Quarantäne. Es handele
sich um den bisher größten Ausbruch in der Stadt, sagte
Gesundheitsdezernentin Ulrike Gote (Grüne). Weil unter den
Infizierten auch vier Kinder sind, wurden eine Schule und ein Hort
geschlossen.

Die Zahl binnen 24 Stunden erfasster Neuinfektionen mit dem
Coronavirus ist nun so hoch wie seit einem Monat nicht mehr. Die
Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) 770 neue
Fälle (Datenstand 19. Juni, 0.00 Uhr). Zuletzt war der Wert am 20.
Mai so hoch (797 Neuinfektionen). Insgesamt haben sich seit Beginn
der Corona-Krise 188 534 Menschen in Deutschland nachweislich mit
Sars-CoV-2 angesteckt, wie das RKI am Freitagmorgen meldete.